Der Schlosspark Jever in der hiesigen Kunstszene
Von Andreas Grundei
Der Schlossgarten wurde ab 1828 auf dem Gelände der ehemaligen Befestigungsanlage des Schlosses und dessen mächtiger Wallanlagen als englischer Landschaftsgarten angelegt. Die Nebengebäude, die sich innerhalb des Schlosswalles befanden, wurden zwischen 1822 und 1827 abgetragen; darunter auch die Brauerei, die Gefängnisse, die Wagenremisen, die Bibliothek, mehrere Wohngebäude und die Kommandantenwohnung. Nach Schleifung der Wallanlagen und Abbruch der Schenkwache sowie der Schlossbrücke, wurden 1828 bis 1830 zwei kleinen Torhäuser erbaut, die heute noch den Schlossplatz säumen. Nachdem 1838 die letzten Befestigungsanlagen abgetragen wurden, entstand der heutige Schlosspark.
Friedrich Adam Wilhelm Barnutz
Der in Jever lebende Maler Friedrich Adam Wilhelm Barnutz (1791 – 1867) war der Sohn des Schlosshauptmanns Johann Christian Barnutz und wuchs in der elterlichen Wohnung auf, die über dem Burgtor des Schlosses lag. Als Zeitzeuge erlebte er die Umgestaltung der ehemaligen Befestigungsanlage zum Schlossgarten, was sich nachhaltig auf die Kunst des Autodidakten auswirkte.
Grundlagen der Landschafts- und Portraitmalerei bekam er während einer Lehre als Dekorationsmaler vermittelt. Auf seinem Gemälde „Auszug der Franzosen aus Jever im Jahr 1813“ sind die im 15. Jahrhundert entstandenen, steilen Wallhänge mit den stark beschnittenen Bäumen und dem Gras- und Heckenbewuchs der früheren Befestigungsanlage dargestellt (Abb. 1, F. Barnutz, Auszug der Franzosen aus Jever [Ausschnitt], 1844, Öl auf Leinwand, Sammlung Schlossmuseum Jever). Am unteren rechten Bildrand ist das Rondell mit der mächtigen Lindenlaube erkennbar, das später mit dem Bauschutt der Gebäude der Unterburg zum heutigen Aussichtshügel am Eulenturm aufgeschüttet wurde.
Nach der Umgestaltung des Parks aquarellierte Barnutz 1834 die Ansicht des Schlosses von Süden aus, auf der auch die neue Schlossmauer und eines der beiden Torhäuser zu sehen sind, die 1830 fertiggestellt wurden (Abb. 2, F. Barnutz, Schloss Jever mit Park, 1834, Aquarell, Sammlung Schlossmuseum Jever). Im Park selbst sind nur vereinzelt erste Gehölzpflanzungen erkennbar. Auch das ursprüngliche Wegesystem gab Barnutz in stilisierter Form wieder.
Arthur Eden-Sillenstede
Der aus Sillenstede stammende Maler Arthur Eden (1899 – 1977) war seit 1933 in Jever ansässig und betrieb ab 1939 einen Malerbetrieb in der Schützenhofstraße Nummer 10. Eden hatte Anfang der 1920er Jahre in Berlin vier Semester Kunst studiert und malte in seiner Freizeit überwiegend in Öl. Seit 1948 war er Mitglied im Bund Bildender Künstler – Gruppe Oldenburg. Seine Werke entstanden meist in Friesland, Ostfriesland und dem Wangerland unter freiem Himmel. Wenn er vom geplanten Abriss eines Gebäudes erfuhr, hielt er die alte Ansicht für die Nachwelt in seinen Werken fest. Dadurch erlangte er als malender Chronist in seiner Heimat große Bekanntheit. Er stellte seine Werke beinahe jährlich im Eulenturm des Jeverschen Schlosses aus und renovierte 1958 die Wände und die Zimmerdecke der Ahnengalerie des Schlosses. Zu Lebzeiten wurde ihm 1973 mit der Einrichtung der Arthur-Eden-Galerie im Eulenturm des Schlosses eine große Ehre zuteil.
Von Eden existieren etliche Parkansichten, die zwischen 1930 und 1974 entstanden. Eine seiner frühesten Schlossansichten zeigt die seitliche Vorderseite des Gebäudes vom Park aus gesehen; eine Position, von der aus Eden das Motiv am häufigsten aufgriff. Die sommerliche Ansicht ist detailliert mit flachem Farbauftrag ausgeführt, was typisch für das Edensche Frühwerk ist. Auch die Signatur mit Vor- und Zunamen ist ein Indiz für seine frühe Schaffensphase. Der Anstrich des Schlosses wird seinerzeit noch von Rottönen dominiert, und auch die heute nicht mehr existierenden Schornsteine sind erkennbar (Abb. 3, A. Eden, Schloss Jever im Sommer, 1930er Jahre, 55,3×65,2 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz).
Seine winterliche Ansicht der Rückseite des Schlosses zeigt den rechts vom Schloss angelegten Hügel am Eulenturm, der mit dem Bauschutt der ehemaligen Unterburg aufgeschüttet wurde und seit der Anlage des Parks als Aussichtspunkt dient (Abb. 4, A. Eden, Schloss im Winter, um 1950, 48×62 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz). Schon den Fürsten von Anhalt-Zerbst diente er als Ruhepunkt. Vom obersten Punkt des Hügels kann man auch heute noch den Ausblick über die geschlängelte Wegeführung des Parks genießen.
Beim Malen der winterlichen Park-Motive lud die Schlossverwalterin Marie Claßen den Maler ab und zu zum Aufwärmen auf eine Tasse Tee in die Verwalterwohnung ein. Ihre Wohnung lag im heutigen Kassenbereich des Schlossmuseums.
Um 1970 entstand der Blick auf die Rückseite des Schlosses mit dem Eulenturm (Abb. 5, A. Eden, Schloss Jever mit Eulenturm, um 1970, 80×60 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz). Im Erdgeschoss des Eulenturms veranstaltete Eden ab den 1950er Jahren regelmäßig Verkaufsausstellungen. Der Zugang zur Ausstellung führte über die auf dem Gemälde abgebildeten Treppe mit Tür. Hier konnte man auch mit dem stets anwesenden Künstler ins Gespräch kommen. Im Vergleich zu den früheren Werken (vergleiche Abb. 3) fällt der pastose Farbauftrag besonders ins Auge. Eden mischte häufig die Farben direkt auf der Leinwand und modellierte die Farbe mit dem Pinsel.
Die Stileichengruppe an der Schlossgraft nahe der Terrasse hielt Arthur Eden im Frühjahr 1956 fest (Abb. 6, A. Eden, Stileichengruppe, 1956, 48×40 cm, Öl auf Leinwand, Sammlung Schlossmuseum Jever). Diese Baumgruppe findet sich noch heute im südöstlichen Bereich des Parks nahe der Schlossgraft.
In den Geestgebieten Nordwestdeutschlands kommt ausschließlich die Stileiche vor, die ihren Namen von den langgestielten Fruchtstielen ableitet. Die Blätter sind dagegen sehr kurzgestielt.
Die größte Stieleiche mit fast 5 Meter Stammumfang in 1,20 Meter Höhe, steht schräg gegenüber dem Sophienstift unmittelbar an der Graft.
Die im Westteil des Parks befindliche Blutbuche wurde in den 1930er Jahren von Arthur Eden festgehalten (Abb. 7, A. Eden, Blutbuche im Schlosspark, 1930er Jahre, 41×32 cm, Öl auf Holz, Sammlung Schlossmuseum Jever). Der zu diesem Zeitpunkt circa 100 Jahre alte Baumriese mit rund 70 Meter Kronenumfang war ein Mehrstammbaum, der dadurch entstanden ist, dass bereits bei der Pflanzung mehrere Stämmchen einer Art eng gebündelt wurden. Diese sind bei ihrem weiteren Wachstum derart miteinander verschmolzen, dass sie ein neues Individuum bildeten. Hat man mit dieser Art Kunstgriff relativ schnell eine große und eindrucksvolle Baumgestalt geschaffen, so ist damit auf der anderen Seite eine deutliche Verringerung der Lebenserwartung verbunden, da sich durch die Ansammlung von Regenwasser und Humus in den Mulden Fäulnis bildet. Im Februar 2017 musste der Baum krankheitsbedingt gefällt werden, nachdem die Stürme der vergangenen Jahre dem Baum schwer zugesetzt hatten und einer der drei Stämme herausbrach. An der offenen Wunde drangen Pilze ein, die den Verfall des schon zuvor geschwächten Baumes beschleunigten.
Ein weiteres Gemälde von Arthur Eden aus dem Jahr 1957 zeigt den Schlossgraben im südöstlichen Teil des Parks an der Terrasse (Abb. 8, A. Eden, Schlossgraben, 1957, 60×50 cm, Öl auf Leinwand, Sammlung Schlossmuseum Jever). Als die ehemalige Unterburg nicht mehr für Verteidigungszwecke genutzt wurde, gestaltete man einige Bereiche der Anlage als Garten. Der innere Burggraben, der in den Jahrzehnten zuvor bereits fast zugewachsen war, wurde ab 1794 zugeschüttet. Bei der Anlage des Landschaftsgartens wurde der äußere Graben verschmälert, der ursprünglich 24 bis 45 Meter breit war.
Eine weitere Ansicht des Schlossgrabens entstand ungefähr zur selben Zeit nur wenige Schritte entfernt (Abb. 9, A. Eden, Schlosspark mit Schlossgraben, 1950er Jahre, 68,8×57 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz). Auch hier sind einige Wohnhäuser an der Terrasse zu sehen.
1958 stellte Eden seine Staffelei an der Schlossmauer in der Schlossstraße auf. Er blickte beim Malen über den Schlossgraben auf die Albanistraße, die zum Sophienstift führt (Abb. 10, A. Eden, Schlossgraben mit Gasthof „Zur Traube“, 1957, 50×66 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz). Das dargestellte Gebäude auf der rechten Bildseite zeigt den Gasthof „Zur Traube“, einst vornehmstes Lokal der Stadt, kurz vor seinem Abriss (Abb. 11, Gasthof „Zur Traube“, abgebrochen 1958, Fotografie, Sammlung Schlossmuseum Jever).
Im Jahr darauf wurde die Albanistraße für den immer stärker werdenden Verkehr verbreitert. Hierzu musste in diesem Bereich die alte Schlossmauer abgetragen werden. Der Baumbestand an der äußeren Böschung des Schlossgrabens wurde gefällt. Zur Verbreiterung der Straße musste diese Böschung mit einer Brückenkonstruktion versehen werden, die an der breitesten Stelle 4,40 Meter beträgt. Für den entsprechenden Halt sorgen 11 Betonpfeiler. Nach Fertigstellung dieser Brücke wurde die Schlossmauer an der heutigen Stelle neu aufgesetzt. Die historische Postkarte zeigt den alten, schmaleren Straßenverlauf der Albanistraße (Abb. 12, Albanistraße mit schmalen Straßenverlauf, Anfang 20. Jhdt., Postkarte, Sammlung Schlossmuseum Jever). An der Stelle des Lokals „Zur Traube“ entstand 1958 ein Neubau.
Edens herbstliche Ansicht der Südseite des Schlosses am Fuße des Aussichtshügels entstand in den späten 1960er Jahren (Abb. 13, A. Eden, Schloss Jever im Herbst, 1960er, 62×76 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz). An diesem Standort stellte Eden selten seine Staffelei auf. Die erdigen Brauntöne dominieren das Bild und spiegeln den Herbsttag perfekt wider.
Auch dieses stimmungsvolle Bild des Schlossparks veränderte sich in den letzten Jahrzehnten stark. Heute liegt der Blick auf das Schloss nahezu frei; lediglich der Eulenturm am linken Bildrand versteckt sich hinter einem Baum. Die Sträucher rechts und links des Weges sind zum Teil nicht mehr vorhanden, und auch der Baum im rechten Vordergrund des Gemäldes ist längst verschwunden (Abb. 14, Südliche Ansicht des Schlossparks im Herbst, 2022, Foto: © A. Grundei). Im Jahr 2022 mussten die am Schloss angrenzenden Thujen zugunsten einer Feuerwehraufstellfläche gefällt werden.
Weitere Werke zum Schloss und dem Schlosspark von Arthur Eden können unter www.eden-sillenstede.de entdeckt werden.Alfred Eden-Bant
Der Wilhelmshavener Maler und Grafiker Alfred Eden (1898 – 1974) war Mitglied im Bund Bildender Künstler, Nordwestdeutschland und wendete sich ab 1923 der Malerei zu. Eden war Autodidakt und stellte seine Werke auf etlichen Ausstellungen in Wilhelmshaven und Oldenburg aus. Seinen Lebensunterhalt konnte der gelernte Maschinenschlosser ab 1925 auch am Stadttheater Wilhelmshaven als Zeichner und Bühnenmaler verdienen. Es gelang ihm wegen seines zeichnerischen Talents Tätigkeiten als Grafiker und später auch als Zeichenlehrer zu erlangen. Nach dem Krieg betrieb Eden bis 1949 eine eigene Zeichenschule. In der Signatur ergänzte Alfred Eden seinen Namen um den Stadtteil Bant, in dem er auch geboren wurde.
Eden-Bants Radierung aus den 1950er Jahren zeigt die Ansicht des Eulenturms am Schloss (Abb. 15, A. Eden-Bant, Schloss Jever mit Eulenturm, 1950er Jahre, Radierung, Privatbesitz). Vergleicht man die Perspektive des Bildes aus heutiger Sicht, so stand der Maler auf dem Aussichtshügel des Parks. Die dargestellten Bäume und Sträucher entsprechen der Ansicht der Zeit, wie auf einer Fotografie nachgestellt werden kann. Sogar vor den Treppenstufen zur Tür des Eulenturms stand ehemals ein großer Baum (vergleiche auch Abb. 5).
August Wilkens, Jever
Kommen wir abschließend zu einem Gemälde, das der damalige Schlossverwalter August Wilkens im Jahr 1880 schuf (Abb. 16, A. Wilkens, Das Schloss Jever von der Ostseite des Schlossgartens, 1880, Sammlung Tiesler).
Dieses Kunstwerk des Schlossparks stellt wegen seines frühen Datierung eine besondere Ansicht des Parks dar, die bereits 50 Jahre nach der Anlage entstand. Es sind Strukturen dargestellt, die heute noch im Park wiedererkennbar sind, wie der sogenannte Pleasureground mit den Rabatten. Auch stellte Wilkens die Rosskastanien und Pappeln seitlich des Schlosses dar, die jedoch nicht mehr existieren. Mit dem Pleasureground, einer mit Blumenbeeten und Gehölzgruppen in den Rasenflächen abwechslungsreich gestalteten Zone, wurde der Schlossgarten zwischen Gebäude und dem eigentlichen Park ausgestaltet. Das sommerliche Motiv belebt der Maler durch vier Figuren. An der rechten Bildseite schaut eine Frau mit Kind zur Eingangspforte rüber, wo ein schwarz gekleidetes Paar verharrt und den Blick erwidert, als wenn sie sich kennen und unterhalten würden.
Seinem Herrn, dem Großherzog Nikolaus Friedrich Peter, blieb Wilkens bei der alljährlich durchgeführten Besichtigung des Schlossgartens nie eine Antwort schuldig, wobei seine Königliche Hoheit manchmal sehr seltsame Fragen stellen konnte. Etwa so:„Der ist umgeweht, Königliche Hoheit!“
„Schade! Wieder einen hinpflanzen!“
Ein Ortskundiger flüsterte Wilkens zu: „Aber da hat doch noch niemals ein Baum gestanden!“
„Das weiß ich auch“ antwortete Wilkens ihm unter vier Augen. „Aber mit dem umgewehten Baum kann man die Angelegenheit kürzer abmachen!“ Heinrich Wille, Nordwest-Zeitung Oldenburg vom 19.04.1951
Quelle
(Kataloge und Schriften des Schlossmuseums Jever, H. 28; Museen im Nordwesten, Bd. 10)
(EUR 9,80)