Im Schlossmuseum Jever befinden sich insgesamt 34 Geschirrteile aus Wallendorfer Porzellan im Bestand. Es handelt sich um sieben Kaffeekannen, eine Teekanne, zehn Tassen, elf Unterschalen, einen Dosendeckel, eine Zuckerdose und drei Kannendeckel aus dem späten 18. Jahrhundert bzw. aus der Zeit um 1800. Die Stücke gehören unterschiedlichen Trinkgeschirren an, zeichnen sich aber durch gleichbleibende, einfache Formen und durch das fast allen gemeinsame Reliefdekor “gebrochener Stab” aus.
Form und Dekor dieser Wallendorfer Gebrauchsgeschirre waren sehr stark verbreitet und haben sich bis heute kaum verändert. Tassen und Untertassen sind von einfacher Schalenform, die Kaffeekannen sind birnenförmig, die Teekanne besitzt Kugelform. Besonders beliebt war und ist das widerstandsfähige Unterglasurdekor mit der sogenannten Strohblume in Kobaltblau – eine Farbe, die die hohen Brenntemperaturen des Schmelzbrandes verträgt. Daneben sind einige Stücke mit der “Ostfriesischen Rose” in polychromer Aufglasurmalerei sowie Blumen- und Landschaftsdekore in Purpurmalerei erhalten.
Die Wallendorfer Porzellanmanufaktur wurde als eine der ältesten Thüringer Porzellanfabriken 1764 von Johann Wolfgang Hammann gegründet und produziert bis heute am historischen Standort in dem kleinen Ort Lichte-Wallendorf qualitätvolles Porzellan. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Bestände der ehemals weit verbreiteten Wallendorfer Trinkgeschirre aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert stark dezimiert und sind begehrte Sammlerobjekte geworden. Heute befinden sich die bedeutendsten Sammlungen Wallendorfer Porzellans in Museen im In- und Ausland, z.B. im Thüringer Museum in Eisenach, im Angermuseum in Erfurt, im Leipziger Museum des Kunsthandwerks oder in der Eremitage von St. Petersburg.
Wallendorfer Teeservice waren in Friesland und Ostfriesland bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert als sogenanntes “Dresmer Teegood” (Dresdener Teegut) sehr beliebt. Wallendorfer Porzellane hatten in der Region den weitaus größten Anteil, wie auch der Querschnitt im Schlossmuseum Jever zeigt, und waren als das “Ostfriesische Teegeschirr” bekannt. Der Name “Dresmer” ist bis heute geblieben: Nach über 70jähriger Produktionspause werden die Serien “Blau Dresmer” (Strohblumenmuster) und “Rot Dresmer” (Ostfriesische Rose) wieder in den traditionellen Formen und Dekoren in Wallendorf hergestellt.
Kaffeekanne
Kaffekanne, Zuckerdose und Tasse, Dekor “Strohblume”, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 01337, 00645, 00251, 00252
Die birnenförmige Kaffeekanne, die halbkugelige Tasse mit Untertasse und die Zuckerdose sind mit dem Strohblumenmuster in kobaltblauer Unterglasurmalerei und dem Reliefdekor “gebrochener Stab” überzogen. Die Geschirrteile gehören zu unterschiedlichen Servicen aus der Zeit zwischen 1787 und 1835. Sie können aber problemlos miteinander kombiniert werden, da sich Form und Dekor in Wallendorf über Jahrzehnte nicht veränderten.
Porzellanmanufaktur
Ansicht der Wallendorfer Porzellanmanufaktur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Stieda 1902, S. 96, Fig. 3
Die Manufaktur war in den Gebäuden des ehemaligen Ritterguts Wallendorf unmittelbar neben der Kirche untergebracht. Auch die heutigen modernen Fabrikgebäude befinden sich noch am historischen Standort.
Kaffeegeschir
Kaffeegeschirr, Dekor 322 “Rot Dresmer”, Wallendorf, ca. 2000
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH
Die birnenförmige Kaffeekanne, die hohe Kaffeetasse mit Untertasse und der Teller im Dekor “Rot Dresmer” werden nach überlieferten Formen und Dekoren heute wieder von der Wallendorfer Porzellanmanufaktur hergestellt.
Anfänge der Porzellanherstellung in Thüringen
Bereits seit dem 15. Jahrhundert hatte das kostbare chinesische Porzellan seinen Weg nach Europa gefunden. Seit dem späten 16. Jahrhundert wurde es vor allem von den europäischen Fürstenhäusern importiert, die sich mit erlesenen Geschirren und Dekorationsstücken versorgten. Um die teuren Importe zu reduzieren, wurden seit dem 17. Jahrhundert vermehrt Fayencen hergestellt – zinnglasierte Irdenware, die aber nicht die Feinheit und die Transparenz des echten Porzellans erreichte.
In den Jahren um 1710 bis 1717 gelang dem Alchimisten Johann Friedrich Böttger zusammen mit dem Physiker Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und dem Bergrat Carl Pabst von Ohain die “Neuerfindung” des “Weißen Goldes” in der Versuchswerkstatt Augusts des Starken in Dresden. Das europäische Porzellan besteht aus gemahlenem Quarz, Feldspat und Kaolin, die bei hohen Temperaturen von 1400 bis 1500°C eine feste Verbindung miteinander eingehen und das Material hart und wasserundurchlässig machen.
In den folgenden 40 Jahren war die nach Meißen verlegte Porzellanmanufaktur nahezu konkurrenzlos und blieb federführend in der Entwicklung von Formen und Dekoren, die sich zunächst noch stark an die chinesischen Vorbilder anlehnten. Das ursprünglich streng gehütete Geheimnis der Porzellanherstellung, das “Arkanum”, wurde durch Abwerbung, Desertierung und Werksspionage sowie durch fortwährend weitergeführte Experimente im Laufe der Zeit jedoch immer mehr verbreitet. Schließlich entstanden neben den fürstlichen Manufakturen eine Reihe von privaten Unternehmen, die sich vermehrt in Thüringen niederließen, wo die Rohstoffvorkommen an Quarz, Kaolin, Wasser und Holz sowie die vorhandenen Arbeitskräfte beste Voraussetzungen boten.
Die Fabrikgründungen reihten sich schnell aneinander: 1757 Gotha, 1760 Kloster Veilsdorf, 1762 Rudolstadt-Volkstedt, 1764 Wallendorf, 1772 Limbach, 1777 Ilmenau, 1777 Groß-Breitenbach, 1779 Gera, 1781 Schney, 1783 Rauenstein, 1790 Blankenhain, 1794 Tettau, 1797 Eisenberg, 1800 Pößneck. Mit der zunehmenden Beliebtheit der Heißgetränke Tee, Kaffee und Kakao verbreiteten sich die relativ preisgünstigen Thüringer Trinkgeschirre in ganz Europa. Thüringer Händler brachten Wallendorfer Porzellan nach Ostfriesland, wo es bei den passionierten Teetrinkern bald als typisches Teegeschirr Verwendung fand.
Teetasse
Teetasse, Dekor “Rot Dresmer”, Wallendorf, ca. 2000
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH
Die Teetasse mit dem Dekor “Rot Dresmer” wurde so von innen ausgeleuchtet, dass die Transparenz des feinen Porzellans deutlich wird. Dadurch ist auch das Stabrelief in der Wandung sehr gut erkennbar.
Tassenboden
Tassenboden einer Teetasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 06154
Um ihre Produkte zu kennzeichnen, trugen die Manufakturen Porzellanmarken auf den Gefäßboden auf – zumeist von Hand in kobaltblauer Unterglasurmalerei. Nicht wenige Firmen versuchten, die gekreuzten Schwerter aus Meißen zu kopieren oder sich ihnen anzunähern. Auch Wallendorf unterlag in der Anfangszeit dieser Versuchung. In den Jahren 1787 bis 1833 signierte man einfach mit dem Buchstaben “W”, wobei sich die mittleren Schenkel meistens kreuzten.
Die Porzellanmanufaktur Wallendorf
Am 30. November 1763 kaufte der Eisenhütteninspektor Johann Wolfgang Hammann das Rittergut Wallendorf mit seinen umfangreichen Waldbeständen, um dort eine Porzellanmanufaktur anzusiedeln. Zusammen mit seinem Sohn, seinem Bruder und den beiden Vettern Greiner erhielt Hammann am 30. März 1764 die dazu notwendige Konzession von Herzog Franz Josias von Sachsen-Coburg.
Wallendorf war ein abgelegenes, ärmliches Dorf mit 500 Einwohnern, die sich als willkommene Fabrik- und Heimarbeiter anboten. Die Fabrik war unterhalb der Kirche in Gutsgebäuden untergebracht. Johann Gotthelf Greiner schied 1772 aus der Manufaktur aus, nachdem sein Vetter bereits 1768 verstorben war, und gründete die Porzellanfabrik Limbach. Wallendorf wurde von der Familie Hammann allein weitergeführt. 1776 übernahm Hammanns Sohn Ferdinand Friedrich die Manufaktur. Als dieser 1786 starb, leitete seine Witwe Anna Margaretha das Unternehmen, bis sie es 1811 ihrem Sohn Ferdinand Friedrich d.J. übertrug. Bis zu dessen Tod 1833 befand sich die Fabrik im Familienbesitz der Hammanns.
Zunächst wurde das Wallendorfer Porzellan aus Rohstoffen der Umgebung gebrannt, so dass der Scherben grau getönt und unsauber war. Erst die Entdeckung einer reineren Porzellanerde in Böhmen in den 1780er Jahren brachte eine merkbare Qualitätssteigerung. Der Schwerpunkt der Produktion lag von Anfang an auf Kaffee-, Tee- und Schokoladenservicen. Daneben wurden für die Bedürfnisse der bürgerlichen und bäuerlichen Kreise, auf die man als Abnehmer angewiesen war, u.a. auch Bierkrüge, Leuchter, Butter- und Tabakdosen, Schreib- und Waschgarnituren sowie Pfeifenköpfe hergestellt. Ab 1770 etwa wurde die Produktion um Figuren bereichert.
Bereits zum Ende des Jahrhunderts waren die bis heute bekannten Trinkgeschirre mit gerippter Wandung bzw. Fahne und Unterglasurmalerei wichtige Umsatzträger. Bedeutende Handelsplätze für Wallendorfer Porzellanwaren waren das nahe Sonneberg, Schmiedefeld, Frankfurt a.M., Regensburg, Nürnberg, Hamburg, Bremen und Lübeck. Im Ausland wurde nach Petersburg, Amsterdam und in die Türkei geliefert. Für den Export in die Türkei wurden die sogenannten Türkenkoppchen als Massenartikel angefertigt – henkellose Kaffeeschälchen, die man in Becher aus Edelmetall stellte.
Nach 1833 wechselte die Fabrik mehrfach ihre Besitzer und war im Zuge des Ersten Weltkriegs zwischen 1915 und 1919 stillgelegt. Anschließend fungierte das Unternehmen als Zweigniederlassung (Kunstabteilung) der Porzellanfabrik Fraureuth, bis Heinz Schaubach 1926 die Wallerdorfer Erzeugnisse als “Schaubach-Kunst” bekannt machte. 1953 wurde die Fabrik Volkseigentum und firmiert seit 1990 in Lichte wieder unter dem Namen Wallendorfer Porzellanmanufaktur.
Die verschiedenen Porzellanmarken, die in blauer Unterglasur auf den Gefäßboden zumeist als “W” aufgebracht wurden, spiegeln die wechselvolle Geschichte der Porzellanmanufaktur wider und helfen bei der Datierung der Geschirrteile. In der Anfangszeit waren die mittleren Schenkel des “W” häufig so weit ausgezogen, dass eine Verwechslung mit den gekreuzten Schwertern aus Meißen provoziert wurde. Erst die Ermahnung des Landesfürsten Ernst Friedrich von Coburg-Saalfeld führte seit 1787 zur Durchsetzung des bis heute gebräuchlichen kleineren Buchstaben.
Wallendorfer Porzellanmanufaktur
Ansicht der Wallendorfer Porzellanmanufaktur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Stieda 1902, S. 96, Fig. 3
Die Manufaktur war in den Gebäuden des ehemaligen Ritterguts Wallendorf unmittelbar neben der Kirche untergebracht. Auch die heutigen modernen Fabrikgebäude befinden sich noch am historischen Standort.
Markentafel
Markentafel Wallendorfer Porzellan
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH
Seit der Gründung der Wallendorfer Porzellanmanufaktur im Jahre 1764 wechselten mit den unterschiedlichen Besitzern auch die Bodenmarken auf den Produkten. 1964 wurde die heutige Marke “W” mit der Krone und dem Gründungsjahr eingeführt.
Porzellanmarken
Tassenboden einer Teetasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 06154
Um ihre Produkte zu kennzeichnen, trugen die Manufakturen Porzellanmarken auf den Gefäßboden auf – zumeist von Hand in kobaltblauer Unterglasurmalerei. Nicht wenige Firmen versuchten, die gekreuzten Schwerter aus Meißen zu kopieren oder sich ihnen anzunähern. Auch Wallendorf unterlag in der Anfangszeit dieser Versuchung. In den Jahren 1787 bis 1833 signierte man einfach mit dem Buchstaben “W”, wobei sich die mittleren Schenkel meistens kreuzten.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte sich bei den Geschirrformen auf der Grundlage ostasiatischer Vorbilder von Meißen aus ein eigener “europäischer” Stil entwickelt, der sich am Zeitgeschmack des Rokoko orientierte. Da sich zum Zeitpunkt der “Nacherfindung” des Porzellans in Thüringen (ca. 1760) noch kein eigenes Formenrepertoire gebildet haben konnte, wurden dort in der Anfangszeit meist die bekannten Geschirrformen entlehnt.
Während sich dann bei den etablierten Manufakturen wie Meißen, Wien, Höchst, Berlin oder Fürstenberg bereits eine klassizistische Stilrichtung durchsetzte, verhaftete man in Thüringen zum Ende des 18. Jahrhunderts noch im Formenkanon des Rokoko. Thüringer und damit Wallendorfer Service und Figuren zeichneten sich durch eine gewisse Bodenständigkeit aus, die sich an den Bedürfnissen, der Zahlkraft und dem Geschmack der bürgerlichen und auch bäuerlichen Käufer orientierte.
Die sehr beliebte volkstümliche “Blauware” mit Strohblumendekor und auch die Purpurmalereien, wie wir sie im Schloss Jever vorfinden, blieben mit den vorklassizistischen Formen und gerippten Oberflächen bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Sortiment der Wallendorfer Fabrik. In Friesland und Ostfriesland, das vor allem im 19. Jahrhundert eine eigene Teekultur entwickelte, überdauerten die in Thüringen etablierten Formen als typische Teeservice bis heute.
Als Vorbild für die halbkugelige Schalenform der Teetasse dienten die henkellosen “Koppchen” aus China mit deutlich abgesetztem Standring, die im 17. und 18. Jahrhundert nach Europa importiert wurden. Diese Form wurde von Meißen übernommen und für den europäischen Markt durch einen Henkel ergänzt. Bis um 1730 hat man Koppchen und Tassen noch unterschiedslos für alle Heißgetränke wie Schokolade, Kaffee und Tee verwendet. Während man für Teetassen später die halbkugelige Schalenform beibehielt oder sogar noch abflachte, wurde für den Kaffee eine höhere Becherform entwickelt.
Die Untertasse ist eine europäische Erfindung. In ihrer oft tief gemuldeten Schalenform diente sie nicht nur als Untersatz für die Tasse, sondern ebenfalls als Trinkgefäß, besonders wenn das Getränk noch zu heiß war.
Auch bei den Teekannen wurde an der aus China importierten Form festgehalten. Aus der Form einer “gedrückten Birne” entwickelte sich im Rokoko die Kugelform, die bis heute maßgeblich ist. Gedrungene Formen eignen sich am besten zur gleichmäßigen Entfaltung des Teearomas.
Die Kaffeekanne hat dagegen traditionsgemäß eine hohe, schlanke Form. Die Birnenform aus der Anfangszeit der Manufakturen hat sich lange gehalten, ist in der Zeit des Rokoko lediglich etwas schlanker geworden. Diese typischen Kaffee- und Teekannen sind meist mit einem Rocaille-Henkel ausgestattet. Nur vereinzelt kommen glatte Ohrenhenkel vor. Während sich im Klassizismus bei den fürstlichen Porzellanfabriken die zylindrische Form mit gerader Wandung durchsetzte, wurde die kugelige bzw. birnenförmige Kanne in Wallendorf lange beibehalten.
Kaffeetisch
Clevenser Bauernfrauen am Kaffeetisch
Friedrich Adam Wilhelm Barnutz (1791-1867), um 1835, Öl auf Leinwand, 27 x 34 cm
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 2237
Das Ölgemälde von F. Barnutz, das um 1835 entstanden ist, zeigt sechs Bäuerinnen, die sich um einen Kaffeetisch gruppieren. Der Kaffee wird aus einer “Kraantjekanne” aus Zinn ausgeschenkt, die die traditionelle Form der Kaffeekanne übernimmt. Die niedrigen Tassen mit Strohblumenmuster, die bei allen Bevölkerungsschichten verbreitet waren, werden hier für Kaffee verwendet.
Tasse mit Purpurmalerei
Tasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 06154, 10334
Die Form der niedrigen, halbkugeligen Tasse mit J-Henkel und der gemuldeten Untertasse hat sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts für Teetassen durchgesetzt. Dagegen gibt es bei den Dekoren viele Variationsmöglichkeiten. Diese Tasse ist mit einem flechtwerkartigen Reliefdekor und mit einer Landschaftsmalerei in Purpur verziert.
Rohrkanne
Teekanne, Dekor “Rot Dresmer” (Ostfriesische Rose), Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 02734
Die kugelige Rohrkanne mit rocailliertem Henkel und flachem Deckel ist mit dem Reliefdekor “gebrochener Stab” und der polychromen Aufglasurmalerei “Rot Dresmer” (Ostfriesische Rose) dekoriert. Beide Hauptansichten der Wandung zeigen je eine große Rosenblüte, die von hellgrünen Blättern und eisenroten Blüten gerahmt wird. Am Ausguss ist ein Teesieb angebracht.
Schnauzenkanne
Kaffeekanne, Dekor “Strohblume”, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 02718
Die große birnenförmige Schnauzenkanne besitzt einen rocaillierten Henkel und einen hochgewölbten Deckel mit rundem Knauf. Wandung, Schnauze und Deckel sind mit dem Relief “gebrochener Stab” und der Unterglasurmalerei “Strohblume” in Kobaltblau dekoriert. Diese Kannenform existiert aber auch im Zusammenhang mit diversen Aufglasurdekoren.
Als es in Dresden zu Beginn des 18. Jahrhunderts gelang, Porzellan nach chinesischem Vorbild herzustellen, waren nicht nur die Zusammensetzung des “Weißen Goldes”, sondern auch die typischen Dekore von Interesse, die als “Chinoiserien” in Europa großen Anklang gefunden hatten. Nach und nach entwickelte sich in Meißen aus den ostasiatischen Vorbildern ein eigener “europäischer” Dekorstil, der wiederum von den nachfolgenden Manufakturen übernommen wurde. Bald setzten sich die beliebtesten Muster und Dekore durch, zu denen die Blaumalereien “Strohblume” und “Zwiebelmuster”, Blumenbuketts und Landschaftsszenen nach Antoine Watteau (1684-1721) gehörten.
Die Porzellanmanufaktur in Wallendorf übernahm selten Dekore, die eine sehr feine Pinselführung verlangten, und beschränkte sich neben der Blaumalerei und den Blumendekoren zumeist auf einfachere Landschaften und Architekturen in monochromer Purpurmalerei. Die in Jever erhaltenen Geschirrteile aus Wallendorfer Porzellan zeigen einen Querschnitt der in der Region zwischen Dollart und Jadebusen am weitesten verbreiteten Dekore.
Das mit Abstand am häufigsten anzutreffende Dekor ist die sogenannte Strohblume – in Jever sind 18 Wallendorfer Stücke mit diesem Muster erhalten. Neun Geschirrteile zeigen purpurfarbene Landschaftsmalerei und sind zum Teil mit einer Goldgirlande zusätzlich verziert. Sechs Stücke ziert ein Blumendekor – davon tragen allein vier die “Ostfriesische Rose”. Eine Tasse mit Untertasse ist mit einem Monogramm in Purpur ausgestattet. Sämtliche Geschirrteile sind neben der Malerei zusätzlich mit einem Relief dekoriert. Meistens ist die Porzellanoberfläche innen oder außen mit einem Stabrelief überzogen. Daneben kommen an den Gefäßrändern auch Flechtdekore vor.
Strohblume
Zu einem der beliebtesten Dekore entwickelte sich um 1740 von Meißen aus das sogenannte Strohblumenmuster in kobaltblauer Unterglasurmalerei auf weißem, geripptem Grund. Die Blaumalerei war durch die chinesischen Importe bereits sehr beliebt geworden, aber erst um 1750 gelang es auch den Europäern, ein ähnlich strahlendes Blau mit scharfen Konturen herzustellen.
Unterglasurfarben werden noch vor dem Glasieren aufgetragen. Sie gehen beim Brand eine Verbindung mit der Glasur ein und sind wegen ihrer Widerstandsfähigkeit sehr gut für Gebrauchsgeschirr geeignet. Allerdings vertragen nur die wenigsten Dekorfarben die hohen Temperaturen des Schmelzbrands, weshalb Unterglasurmalerei monochrom ist und wenig Virtuosität erlaubt. Einfache Muster wie die Strohblume oder das sogenannte Zwiebelmuster bieten sich für Unterglasurmalerei an. Beide Dekore gehen auf asiatische Vorbilder zurück. Während das Zwiebelmuster fast unmittelbar ein chinesisches Blaudekor mit Granatäpfeln, Pfirsichen, Astern und Blütenzweigen übernimmt, ist das Strohblumendekor aus den sogenannten "indianischen Blumen" und wohl auch aus anderen Dekoren mit Blütenzweigen weiterentwickelt worden.
Von vorbildhafter Wirkung könnten dabei der chinesische Fels-Vogel-Dekor oder der japanische Kakiemondekor sein, die beide das für die Strohblume charakteristische Motiv mit dem Umspringen des Zweiges zeigen. Dieser mit Fiederblättern besetzte Zweig rankt sich um eine stilisierte Blüte, die in zwei sich abwechselnden Variationen existiert. Die Gefäßkörper werden in der Regel durch Linien in vier Felder eingeteilt. Jedes Feld ist mit einer Ranke ausgefüllt und wird nach unten bzw. zur Mitte hin durch ein gestricheltes Zackenband begrenzt.
Auch Thüringer Manufakturen kopierten das Strohblumendekor und tradierten es bis in das 20. Jahrhundert hinein. Im Schlossmuseum Jever erscheint das Muster auch auf Porzellanen aus Rauenstein, Limbach und Tettau. In Wallendorf erhielt das Dekor den Namen "Blau Dresmer", der auf seinen sächsischen Ursprung verweist. Seit 1764 wurde Porzellan mit der Strohblume in Wallendorf produziert. Erst bedingt durch die Weltkriege wurde die Herstellung der Service eingestellt. Seit wenigen Jahren hat die Wallendorfer Porzellanmanufaktur die Produktion wieder aufgenommen und stellt das "Blau Dresmer" mithilfe rekonstruierter Produktionsformen und Dekorvorlagen erneut her. Die ursprünglichen Produktionsunterlagen waren in den Kriegswirren verlorengegangen.
Untertasse
Untertasse, Dekor “Strohblume”, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 00508
Die flach gemuldete Untertasse mit Standring ist am Rand mit dem Reliefdekor “gebrochener Stab” überzogen. Auf dem Spiegel ist das Dekor “Strohblume” in Unterglasurmalerei aufgetragen. Vier abgeteilte Felder, die mit einer Blüte und Ranke gefüllt sind, umgeben ein rundes Mittelfeld mit zentraler Blüte und gestricheltem Zackenband.
Zuckerdose
Zuckerdose, Dekor “Strohblume”, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 00645
Die Zuckerdose in hoher Schalenform mit flach gewölbtem Hohldeckel ist mit der Unterglasurmalerei “Strohblume” auf dem obligatorischen Stabrelief verziert. Die Wandung ist durch senkrechte Linien in vier Felder geteilt, die am Dosenrand durch eine waagerecht umlaufende Linie und nach unten durch eine Linie mit gestricheltem Zackenband begrenzt werden. Diese Felder sind jeweils mit der stilisierten Blüte und dem umspringenden Zweig ausgefüllt. Die Stelle, an der die Linien rechtwinklig aufeinandertreffen, ist durch einen Bogen markiert.
Schnauzenkanne
Kaffeekanne, Dekor “Strohblume”, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 02718
Die große birnenförmige Schnauzenkanne besitzt einen rocaillierten Henkel und einen hochgewölbten Deckel mit rundem Knauf. Wandung, Schnauze und Deckel sind mit dem Relief “gebrochener Stab” und der Unterglasurmalerei “Strohblume” in Kobaltblau dekoriert. Diese Kannenform existiert aber auch im Zusammenhang mit diversen Aufglasurdekoren.
Teegeschirr
Teegeschirr, Dekor 321 “Blau Dresmer”, Wallendorf, ca. 2000
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH
Die hier abgebildeten Teetassen, die Teekanne mit Stövchen, der Kuchenteller und die Gebäckschale zeigen das moderne Dekor “Blau Dresmer”, das sich an das alte “Strohblumendekor” anlehnt. Bei der Kanne und bei den Teetassen wurden auch die überlieferten Formen übernommen.
Landschaftsmalerei
Die Dekoration der Geschirrteile mit zarter Landschaftsmalerei war stilistisch anspruchsvoller als die Blau- und Blumenmalerei und wurde in der Regel auch besser bezahlt. Auch wenn die im Jeverschen Bestand erhaltenen Wallendorf-Porzellane monochrom in Purpur staffiert wurden, so sind die dort gezeigten Landschaften nicht mit den eher grober ausgeführten Architekturmalereien zu vergleichen, die im Schlossmuseum in der Sammlung Jan Ahlers ausgestellt sind. In der Regel lagen den Landschaftsmotiven Stichvorlagen zugrunde, aus denen einzelne Details ausgewählt und mit eigenen Erfindungen kombiniert wurden. So entstanden Ideallandschaften, die durchaus von der Wahrnehmung der Thüringer Umgebung geprägt waren.
Die Landschaft wird ohne festen Rahmen inselartig auf die weiße Fläche gesetzt. Die Rahmung übernimmt im Vordergrund ein Abschluss aus Ornamentbändern oder Pflanzen. Die sieben in Jever erhaltenen Teile eines purpur und gold staffierten Teeservices zeigen Landschaftsszenen, die unten durch Rocaillen begrenzt werden und nach oben in zarten Wolkenformationen auslaufen. Ein größeres Objekt (z.B. ein Kreuz, eine Stele, ein Steinhaufen oder Ruinen) befindet sich im Vordergrund und gibt daneben den Blick auf eine Landschaft, zumeist mit einem Bauwerk im Hintergrund, frei. Vereinzelt wird die Landschaft durch kleine Figuren belebt. Der Rand der Tassen, Teller und des Dosendeckels wird von achtteiligen Girlanden verziert, die mit Gold aufgemalt wurden. Goldkanten und Girlandenmalerei gibt es seit der Zeit um 1800 - zumeist in der Verbindung mit Purpurmalerei. Bei einer weiteren Tasse sind die Wandung und der Spiegel der zugehörigen Untertasse mit dem Flechtwerkmuster reliefiert. Über dieses Reliefdekor hinweg ist eine schlichte Landschaft mit einer eher grob ausgeführten Architektur staffiert. Die Szene wird an den Seiten von hohen Bäumen eingerahmt und nach unten durch ein Netzdekor mit Pflanzen begrenzt.
Landschaftsmalerei_auf_einer_Untertasse
Landschaftsmalerei auf einer Untertasse, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 10325
Auf die glatte Spiegelfläche im Zentrum dieser Untertasse wurde mit Purpurfarbe eine zarte Landschaft aufgemalt, die lediglich nach unten durch ein Ornamentband aus fünf vereinfachten Rocaillen begrenzt ist. Dargestellt ist eine Seenlandschaft mit einer Insel im Vordergrund, auf der sich eine stilisierte Kirche und ein hoch aufragender Baum befinden. Rechts im Hintergrund wird ein Gebirgszug mit Burganlage und Bäumen sichtbar.
Teetassen_und_Dosendeckel_mit_Purpur-_und_Goldstaffage
Teetassen und Dosendeckel mit Purpur- und Goldstaffage, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 10322-10327
Von diesem Teeservice mit Stabrelief, purpurfarbener Landschaftsmalerei und Goldgirlande sind in Jever drei Tassen mit Untertasse sowie ein Zuckerdosendeckel erhalten. Jedes Stück ist mit einer anderen Landschaftsszene ausgestattet, der Aufbau ist jedoch immer gleich: eine untere Rahmung durch Rocaillen, Gegenstände oder Gebäude(-Teile) im Vordergrund, daneben der Blick in die Landschaft im Hintergrund.
Unterschale_mit_Purpur-_und_Goldstaffage
Unterschale mit Purpur- und Goldstaffage, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 10327
Die gemuldete Untertasse mit Stabrelief ist im Zentrum mit einer Landschaftsszene bemalt, die unten durch fünf Rocaillen eingefasst wird. Links im Vordergrund befindet sich eine Stele mit Vase auf einem hohen Postament. Rechts im Hintergrund ist eine flache Landschaft mit Haus zu erkennen. Der Rand der Untertasse ist mit einer achtteiligen Goldgirlande verziert.
Unterschale_mit_Purpurmalerei
Unterschale mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 10334
Diese Untertasse und die dazugehörige Tasse weisen zwar die üblichen Formen auf, sind aber mit einem anderen Reliefdekor und einer etwas einfacheren Landschaftsmalerei versehen. Das von Bäumen gerahmte Motiv in purpur-violetter Aufglasurmalerei nimmt das Zentrum der Untertasse und die Schauseite der Teetasse ein. Die Malerei wird durch zwei Streublumen ergänzt.
Tasse_mit_Purpurmalerei
Tasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 06154
Die Szene wird von einem mit Bäumen umstandenen Haus beherrscht, das mit raschen Pinselstrichen ausgeführt wurde. Die einfache Darstellung ohne Ausblick in den Hintergrund wird durch starke Hell-Dunkel-Kontraste belebt. Während die Szene wiederum nach oben offen bleibt, werden die Seiten von hohen Bäumen und der untere Rand von einem Netzdekor mit Blattwerk gerahmt.
Blumendekore
Neben den auf ostasiatische Vorbilder zurückgehenden Dekoren hat sich der Dekortyp der "deutschen Blume" sehr schnell über alle Manufakturen verbreitet. Rosen, Tulpen, Margeriten und Vergissmeinnicht wurden meist zu naturalistischen Blumenbuketts arrangiert und mit breiter Farbpalette auf die Glasur der bereits gebrannten Geschirrteile aufgetragen. Die Aufglasurmalerei wird anschließend ein drittes Mal bei niedrigeren Temperaturen (ca. 800 °) eingebrannt. Die auf der Glasur liegenden Farben bieten zwar Polychromie und eine freiere Gestaltungsmöglichkeit, sind jedoch empfindlicher im Gebrauch als die Unterglasurfarben.
In dem ältesten erhaltenen Verkaufsbuch der Wallendorfer Porzellanmanufaktur wird "buntes Theeguth" bereits 1770 erwähnt. Dazu ist sicherlich auch das in Jever erhaltene Porzellan mit der "Ostfriesischen Rose" zu rechnen, das heute wieder unter dem Dekornamen "Rot Dresmer" besonders für den Ostfriesischen Raum produziert wird. Eine Kaffeekanne, eine Teekanne und eine Teetasse mit Unterschale zeigen das beliebte Dekor mit der großen offenen Purpur-Rose, die von kleinen eisenroten Blüten und grünen Blättern umgeben ist.
Ebenfalls weit verbreitet war, nicht nur in Wallendorf, die monochrome Aufglasurmalerei in Purpur. Neben der beliebten Landschafts- und Architekturmalerei gab es auch Blumenarrangements, die nicht polychrom, sondern ausschließlich in Purpur ausgeführt waren. Eine Tasse in Jever mit reliefiertem Flechtwerkdekor zeigt eine einzelne Tulpenblüte neben einem kleinen Strauß aus verschiedenen Blumen, Blättern und Blütenzweigen in einem dunklen Purpur-Violett. Ergänzt wird das Dekor durch zwei Streublumen.
Teetasse_mit_Rosendekor
Teetasse, Dekor “Rot Dresmer”, Wallendorf, ca. 2000
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH
Das Bild zeigt, wie das Rosendekor von Hand mit dem Pinsel auf eine bereits glasierte Teetasse mit Stabrelief aufgetragen wird.
Kaffeekanne_mit_Ostfriesischer_Rose
Kaffeekanne, Dekor “Rot Dresmer” (Ostfriesische Rose), Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 09534
Die große Schnauzenkanne mit der bekannten Birnenform und dem Stabrelief ist in diesem Fall mit der sogenannten Ostfriesischen Rose bemalt. Beide Hauptansichten der Wandung und der Deckel zeigen die große, purpurfarbene Rosenblüte, die von hellgrünen Blättern und eisenroten Blüten gerahmt wird. Streublumen in Purpur und Eisenrot ergänzen das Dekor.
Teetasse_mit_Ostfriesischer_Rose
Tasse, Dekor “Rot Dresmer” (Ostfriesische Rose), Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 00261
Bei dieser schalenförmigen Teetasse auf Standring ist der Henkel abgebrochen. Die Rose, die sich auf der gegenüberliegenden Seite befindet, zeigt fast die gleiche Form wie die Rose des modernen “Rot Dresmer”-Dekors. Ein Vergleich mit der Rose auf der Kaffeekanne macht deutlich, dass es durchaus unterschiedliche Varianten der Rose gab, die wohl auf die individuelle Handschrift der Porzellanmaler zurückzuführen ist.
Teetasse_mit_purpurfarbenem_Blumendekor
Tasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 05346, 10362
Diese halbkugelige Tasse ist zusammen mit der dazugehörenden Untertasse mit einem purpurfarbenen Blumendekor bemalt. Hierbei werden eine einzelne Tulpenblüte und ein kleines Blumenbukett nebeneinander gestellt. Beide Blumenelemente wurden in anderen Kombinationen und in Polychromie auch bei anderen Manufakturen verwendet.
Blumendekor_einer_Untertasse
Blumendekor einer Untertasse, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 05346
Monogrammmalerei
Neben dem reinen Gebrauchswert erhielten Trinkgeschirre einen ganz persönlichen Wert als Sammeltassen, Geschenke oder Souvenirs, wenn sie mit einem Namenszug, einem Monogramm, einem Porträt, einem Sinnspruch oder einer Stadtansicht verziert waren. Das Schlossmuseum Jever besitzt eine Wallendorf-Tasse in der bekannten Schalenform mit Stabrelief, die mit einem Monogramm in purpurfarbener Aufglasurmalerei versehen wurde. Die Buchstaben MLM werden von einer runden bzw. ovalen Kartusche gerahmt, die seitlich von Blumenarrangements mit zentraler Rose gesäumt wird. Die Kartusche wird von einer Schleife gekrönt. Zwei Streublumen ergänzen das Dekor.
Eine solche Monogrammmalerei wurde als Sonderanfertigung auf Bestellung gearbeitet. Das bedeutet, dass das Dekor erst vor Ort von einem Hausmaler auf importiertem Weißporzellan aufgemalt und eingebrannt wurde. Heimarbeit war bei den Porzellanmalern keine Seltenheit. Sie arbeiteten entweder unabhängig oder wurden von einer Manufaktur beschäftigt. Die Malerfamilie Graef aus Thüringen hat beispielsweise über vier Generationen seit etwa 1820 in Ostfriesland Thüringer Porzellan bemalt.
Auch heute noch ist es möglich, Trinkgeschirr mit persönlichen Initialen in Wallendorf in Auftrag zu geben. Das Dekor "Dresmer Privat" greift die ursprüngliche Kartuschenmalerei mit breiterer Farbpalette wieder auf. Das Monogramm wird nun mit Goldfarbe staffiert.
Tasse_mit_individueller_Purpurmalerei
Tasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 00262, 10328
Diese Tasse verließ die Porzellanmanufaktur Wallendorf als sogenanntes Weißporzellan in der üblichen Schalenform mit glattem Ohrenhenkel und Stabrelief in bereits glasiertem Zustand, aber ohne Bemalung. Die Purpurmalerei wurde erst vor Ort nach Wunsch des Kunden individuell aufgetragen und eingebrannt.
Tasse_mit_persönlichem_Monogramm
Tasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 00262
Die ovale Kartusche mit seitlichen Blumenbuketts und aufgesetzter Schleife stellte den fest stehenden Rahmen dar, in den das persönliche Monogramm eingebunden werden konnte. Dass diese Tasse nicht nur zu Dekorationszwecken diente, sondern auch benutzt wurde, zeigt die starke Abnutzung der Aufglasurmalerei am rechten Rand des Dekors.
Untertasse_mit_persönlichem_Monogramm
Untertasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 10328
Der Form der Untertasse angepasst, erscheint die Kartusche mit dem Monogramm nun rund. Zwei Streublumen ergänzen die Dekoration am reliefierten Tellerrand.
Kaffeeservice_mit_persönlichem_Monogramm
Kaffeeservice, Dekor “Dresmer Privat”, Wallendorf, ca. 2000
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH
Die Kaffeekanne, die Kaffeetasse und die Zuckerdose des modernen Dekors “Dresmer Privat” greifen alte Formen und Motive wieder auf. Die Art der Kartusche, in die das Monogramm eingetragen wird, hat sich bis heute nicht geändert.
Reliefdekore
Einen rein weißen, glatten Scherben zu produzieren und Flugascheflecken sowie Verformungen der Gefäße im Feuer zu vermeiden, stellte zu Beginn der Porzellanherstellung in Europa ein besonderes Problem dar. Möglicherweise wurden Gefäße und Tellerfahnen mit einem Reliefdekor überzogen, um auftretende Fehler zu kaschieren. In Jever besitzen sämtliche Wallendorfer Geschirrteile neben dem Malereidekor auch ein Reliefdekor. Bei den beliebten Gebrauchsgeschirren setzte sich bald eine gerippte Oberfläche durch, die auf dem Meißener Modell "gebrochener Stab" basiert. Die vertikalen Rippen sind in waagerechten Abschnitten seitlich versetzt. Das Stabrelief wurde von fast allen Porzellanmanufakturen übernommen.
Für Trinkgeschirre mit Strohblumenmuster und mit dem Dekor "Ostfriesische Rose" bzw. "Rot Dresmer" ist die gerippte Oberfläche obligatorisch, wobei die Teetassen meistens innen reliefiert waren. Es erscheinen aber auch andere Dekore auf dem Stabrelief. Im Schlossmuseum in Jever sind Landschaftsdarstellungen in Purpur und eine Monogrammmalerei zusammen mit gerippter Oberfläche erhalten.
Seltener als das Stabrelief ist das Flechtwerkmuster, das in Jever auf zwei Tassen erscheint. Ein wie gewebt erscheinendes Band umzieht außen den Rand der Tasse bzw. den Rand des Spiegels der dazugehörenden schalenartigen Untertasse. Darunter schließen sich an der Tassenwandung bzw. im Spiegel kurze geschwungene Rippen an, die in Fünfergruppen zusammenstehen. Auch dieses Dekor ist bereits in Meißen entstanden und ist in vielen Variationen bekannt. Das verwandte Brandenstein-Dekor geht beispielsweise auf eine Bestellung des kursächsischen Oberküchenmeisters Friedrich August von Brandenstein zurück, für die das Dekor 1738 erstmals ausgeführt wurde.
Teetasse_mit_Stabrelief
Teetasse, Dekor “Rot Dresmer”, Wallendorf, ca. 2000
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH
Die Teetasse mit dem Dekor “Rot Dresmer” wurde so von innen ausgeleuchtet, dass die Transparenz des feinen Porzellans deutlich wird. Dadurch ist auch das Stabrelief in der Wandung sehr gut erkennbar.
Kaffeekanne_mit_Stabrelief
Kaffeekanne, Dekor “Rot Dresmer” (Ostfriesische Rose), Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 09534
Die große Schnauzenkanne mit der bekannten Birnenform und dem Stabrelief ist in diesem Fall mit der sogenannten Ostfriesischen Rose bemalt. Beide Hauptansichten der Wandung und der Deckel zeigen die große, purpurfarbene Rosenblüte, die von hellgrünen Blättern und eisenroten Blüten gerahmt wird. Streublumen in Purpur und Eisenrot ergänzen das Dekor.
Tasse_mit_innenwandigem_Stabrelief
Tasse, Dekor “Strohblume”, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 00251
Teetassen konnten sowohl innen als auch außen mit dem Dekor “gebrochener Stab” reliefiert sein. In Verbindung mit dem Strohblumenmuster erschien das Stabrelief in Jever ausschließlich innenwandig. Hier wurden zwei Reihen senkrechter Stäbe seitlich versetzt untereinander angeordnet.
Tasse_mit_Flechtwerkrelief
Tasse mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 06154, 10334
Das Flechtwerkrelief mit geschwungenen Rippen erscheint auf der Tasse nur auf der Außenwandung. Die Purpurmalerei ist völlig unabhängig vom Reliefdekor.
Detail_eines_Tellers_mit_Purpurmalerei
Detail eines Tellers mit Purpurmalerei, Wallendorf, um 1800
Schlossmuseum Jever, Inv.-Nr. 10334
Hier wurde auf das Flechtwerk am Tellerrand eine purpurfarbene Streublume aufgemalt.
Text, Konzeption und Objektaufnahmen (Jeveraner Porzellan): Dr. Heike Ritter-Eden
Verwendete Literatur:
Altonaer Museum in Hamburg/Norddeutsches Landesmuseum (Hg.): Tee – Zur Kulturgeschichte eines Getränks, Ausstellungskatalog, Hamburg 1977
Bremer Landesmuseum/Focke-Museum: Fürstenberger Porzellan vom Rokoko bis zum Historismus, Bestandskatalog 1986, Bremen 1986
Haddinga, Johann: Das Buch vom ostfriesischen Tee, Leer 1977
Matusz, Julius: Porzellan – Betrachtungen aus der Geschichte der ältesten Manufakturen Europas, Frankfurt a.M. 1996
Matusz, Julius: Porzellankunst aus Thüringen, Teil 3: Wallendorf. In: Trödler Nr. 203, 1996
Peters, Markus W.: Thüringer Porzellane des XVIII. Jahrhunderts aus Kloster Veilsdorf, Volkstedt, Wallendorf und Limbach, Gelnhausen 1991
Scherf, Helmut: Thüringer Porzellan unter besonderer Berücksichtigung der Erzeugnisse des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, Leipzig 1985
Stieda, Wilhelm: Die Anfänge der Porzellanfabrikation auf dem Thüringerwalde, Jena 1902, Neudruck Berlin 1991, S. 71-173
Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt (Hg.): Volkstedter Porzellan 1760-1800, o.O. 1999
Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH: Image- und Produktbroschüren
Abbildungsnachweis:
Schlossmuseum Jever: Trinkgeschirr, Wallendorf, um 1800; Clevenser Bauernfrauen von F.A.W. Barnutz, um 1835; Stieda 1902, S. 96, Fig. 3: Historische Ansicht der Porzellanfabrik Wallendorf
Wallendorfer Porzellanmanufaktur, Betriebsstätte der Geschwister Hillebrand GmbH, Lichte: Markentafel; Geschirrserien: Blau Dresmer, Rot Dresmer, Dresmer Privat; durchleuchtete Tasse mit dem Dekor “Rot Dresmer”; Bemalung einer Tasse mit dem Dekor “Rot Dresmer”
Dank
Für Unterstützung und Bereitstellung von Bildmaterial bedanke ich mich bei der Wallendorfer Porzellanmanufaktur GmbH in Lichte. Dr. Marion Roehmer vom ↑ Teemuseum ↑ in Norden gab mir wichtige Hilfestellung in inhaltlichen Fragen, wofür ich ihr herzlich danke.