Das Richtschwert der Stadt Jever
Im Jahre 1582 wurde für die Gerichtsbarkeit der Stadt Jever dieses Richtschwert angeschafft. Die Gerichtsbarkeit der Stadt war nach dem Tode der letzten selbständigen Herrin Maria in der Hand der neuen oldenburgischen Landesherren gelangt.
Richtschwert der Stadt Jever, 1582, Schlossmuseum Jever
Am Ansatz der Klinge ist der Weihespruch der Waffe eingraviert: “Ihr gottlose menschen Kinder Unbussfertige Frefler Sünder, Schau ein Wunder wass für Straffe, Treffen wird Dich Sünden Sclave. Ich dass werckzeug, glaube mir, Treibe keinen Spott mit Dir. Ich muß Straffen Dass verbrechen, als wie Recht und Richter sprechen”
Auf dem Richtplatz von Jever, dem Alten Markt, fanden im 16. Jahrhundert nicht nur grausame Hexenverbrennungen, eine der unrühmlichen Erscheinungen der Regentschaft Marias von Jever, statt. Im jeverschen Landrecht von 1530 standen auf Kapitalverbrechen verschiedenste Hinrichtungsarten. Im beginnenden Zeitalter des Humanismus etablierte sich auch in Jever die als ehrenvoller geltende Hinrichtung durch das Schwert. So wurden mit diesem Schwert unter der Oldenburger Herrschaft im 17. Jahrhundert vier Frauen “gnadenweise” enthauptet, die der Hexerei bezichtigt waren.
Der “gnadenvolle”, schnelle Tod wurde durch die besondere Bauweise der Richtschwerter ermöglicht. Die sehr breiten Klingen dieser Schwerter haben einen hohen Schwerpunkt, der einen sehr kräftigen und wirksamen Hieb erlaubte.
Detailansicht des Richtschwertes der Stadt Jever
Degen alter Art: Klassischer Degen und Florett
Der Degen alter Art ist eine klassische Stichwaffe mit schmaler beidseitig geschärfter Klinge, die in eine schmale Spitze hinausläuft und im Kampf hauptsächlich zum Stechen diente. Der klassische Degen entwickelte sich in der Renaissance, die eine Blüte der Fechtkunst mit sich brachte.
Im ausgehenden 17. und vor allem im 18. Jahrhundert entwickelte sich der Degen hin zu einem Adelsaccessoire mit prachtvollen Verzierungen auf Gefäßen und Klingen, die oft aus Vorlagenbüchern stammten. Die Klingen verkürzten sich, wurden gebläut und vergoldet und verloren ihren wirksamen Charakter. Die Gefäße aus Messing oder aus Bronze waren oft vergoldet.
Als ziviles Accessoire verschwand der klassische Degen um 1830, wurde aber noch zu Beginn des 20. Jh. vereinzelt als Teil der Beamtenuniform getragen.
Degen und Zweispitz eines Oldenburger Staatsbeamten
Degen eines Oldenburger Staatsbeamten mit Tragegurt, 19.Jahrhundert, Schlossmuseum Jever
Dieser Degen diente ausschließlich der Repräsentation. Alle Messingteile an dieser Waffe sind vergoldet. Die Drahtwicklung am Griff ist versilbert. Die reich mit Ätzungen verzierte Klinge ist stumpf.
Degen dieser Art wurden vom 18. bis ins 20. Jh. gefertigt. Sie dienten als Ehrendegen für Offiziere außer Dienst und wurden vor allem im 19. Jahrhundert auch an Staatsbeamte verliehen. Die Waffen repräsentierten staatliche Macht und Würde und wurden oft zusammen mit anderen Symbolen verliehen.
Zur Uniform des Oldenburger Beamten gehörte neben dem Degen ein schwarzer Zweispitz- Hut. Degen und Hut kamen gemeinsam als Schenkung ins Schlossmuseum Jever.
Zweispitz eines Oldenburger Beamten, 19. Jahrhundert, Schlossmuseum Jever
Nach 1600 entstand in Frankreich eine Abart des Degens, das Florett. Hauptmerkmal ist das Fehlen des Griffbügels.
Das Florett, dessen Blütezeit das 18. Jahrhundert war, wurde für die streng reglementierten, tanzartigen Fechtübungen genutzt. Der Adel trug diese Waffen als Accessoire. Sie dienten der Repräsentation ständischer oder staatlicher Macht.
Galanterieflorett
Galanterieflorett mit einer Klinge aus Solingen, 17.Jahrhundert, Schlossmuseum Jever
Das Messinggefäß der zierlichen Waffe im Schlossmuseum Jever war einst vergoldet. In die zwei kleinen nach unten gebogene Parierbügel wurden beim Fechten zwei Finger gelegt.
Im 17. Jh. besaßen Degen und Florett meist ein einfaches Stichblatt, herz- oder nierenförmig, einseitig oder doppelt. Diese Grundform hielt sich bis in das 19. Jahrhundert. Schon im ausgehenden 17. und vor allem im 18. Jh. entstanden prachtvolle Verzierungen auf Gefäßen und Klingen, die aus Vorlagenbüchern stammten. Die Klingen verkürzten sich, wurden gebläut und vergoldet und verloren ihren wirksamen Charakter. Die Gefäße aus Messing oder aus Bronze waren oft vergoldet.
Die schmale Klinge der Waffe weist einen unleserlichen Herstellerstempel in der Hohlkehle auf. Die Gravur eines sogenannten “Passauer Wolfs” über der Kehle war ein Vermarktungszeichen der Solinger Schwertfeger des 17. Jahrhunderts.
Detailansicht des “Passauer Wolfs”
Degen neuer Art: Pallasch und Haudegen
Das Wort „Pallasch“ leitet sich vom ungarischen Wort „Pallos“ für „Schwert“ ab. Der Pallasch war ursprünglich ein Säbel mit gerader Klinge. Im 16. Jh. hatten die schweren ungarischen und polnischen Adelskavallerien diese Waffe von den Türken übernommen.
Der Pallasch ist wegen seiner geraden Klinge eng mit dem Degen verwandt. In der preußischen Armee wurde die Waffe ihrer Funktion entsprechend „Haudegen“ genannt.
Durch die kräftige gerade Klinge ist der Pallasch wie ein Säbel als Hiebwaffe einsetzbar aber auch zum Stoß geeignet. Mit einer Gesamtlänge von bis zu 1,10 Meter war die Waffe für die schwere Reiterei im Kampf zu Pferde besonders wirkungsvoll.
Französischer Pallasch
Französischer Pallasch, Ende 18. Jahrhundert, Schlossmuseum Jever
Das Messinggefäß dieser Waffe war ursprunglich vergoldet. Auf der Klinge ist beidseitig die Gravur “Sans Peur et Sans Reproche” (ohne Furcht und Tadel) zu lesen. Auf dem Klingenrücken findet sich die Gravur “…M…tur et G… Eickhorn a Solinge”.
Die hier gezeigte Waffe blieb beim Rückzug der Französischen Armee aus Jever im Jahre 1813 im Hause der Familie Wilken in Ostiem stehen. 1887 gelangte der Pallasch als Schenkung an den Heimatverein und später ins Schlossmuseum Jever.
Wie die Inschriften zeigen ist die Klinge der Waffe von einem Solinger Waffenschmied für den französischen Markt hergestellt worden. Die französische Armee ließ ihre Waffen ab etwa 1730 nicht mehr in Solingen produzieren. Unter Anwerbung Solinger Schmiede und Schleifer, auch aus der Familie Eickorn, baute Frankreich im elsässischen Klingenthal eine eigene Industrie auf.
Die relativ breite Klinge der Waffe mit der schmalen Blutrinne direkt unter dem Klingenrücken ist typisch für das 18. Jh. Die spezielle Griff- und Gefäßform erscheint in Europa aber erst am Ende des 18. Jahrhunderts. In Frankreich findet sie sich am sogenannten Revolutionssäbel und an vielen Kürassierdegen.
In der Zeit der Französischen Revolution und in den Napoleonischen Kriegen war der Bedarf an Waffen enorm gestiegen. Dennoch griff Frankreich nicht mehr offiziell auf die Ressourcen im besetzten Solingen zurück. Stattdessen wurden alte Klingen aus den Zeughäusern umgearbeitet und mit neuen Griffen versehen.
Französischer Pallasch Französischer Pallasch, Ende 18. Jahrhundert, Schlossmuseum Jever
Der Haudegen erlebte seine größte Verbreitung im 18. Jh. Schon zur Mitte des 19. Jh. kamen leicht gekrümmte Säbel auf, die einen Mittelweg zwischen dem geraden Pallasch und dem stark gekrümmten Säbel darstellten. Die Anforderungen an die Waffen hatten sich durch neue taktische Konzepte verändert. Die schwere Kavallerie hatte ihre Bedeutung verloren.
Der Pallasch überlebte in den kräftigen Infanteriedegen,die wie der Pallasch nur noch eine Schneide besaßen. Die letzten Modelle der schweren Kavallerie- Haudegen wurden in Europa am Ende des 19. Jh. neu eingeführt.
Preußischer Haudegen
Deutscher Kavallerie-Haudegen, Modell 1889, Solingen, 1916
Der kräftige und nach hinten abgebogene Griff der Waffe ist aus schwarzem Kunststoff. Der Handschutz ist aus vernickeltem Eisen, die Klinge aus Stahl.
Dieser massive Degen mit der einfachen und sehr stabilen Klinge diente der schweren Reiterei als Hieb und Stoßwaffe. Das Modell verband die Eigenschaften eines Reitersäbels mit optimalem Schutz für die Hand mit der langen Klinge, dem abgebogenen Griff und der langen geraden Klinge eines Stoßdegens.
Auf Grund ihrer preiswerten Herstellung fand diese Waffe in ganz Deutschland große Verbreitung. Die Vereinheitlichung der Wehrtechnik im Kaiserreich unter Preußens Hegemonie, vor allem in der Phase der Aufrüstung vor dem ersten Weltkrieg, trug zu dieser Verbreitung bei. In der preußischen Armee wurde die Waffe ihrer Funktion entsprechend „Haudegen“ genannt.
Die ersten europäischen Waffen dieser Art besaßen noch die klassischen Gefäße der ungarischen Säbel ohne Handschutz. Erst die Erfahrungen der Kriege zu Beginn des 18. Jh. führte zur Einführung des Korbbügels und zusätzlicher Korbspangen zum Schutz der Hand.
1889 wurden in Deutschland das letzte Modell eines schweren Kavallerie- Haudegens neu eingeführt.
Preußischer Kavallerie-Haudegen Modell 1889, Schlossmuseum Jever
Die Säbel im Schlossmuseum Jever
Der Säbel (ungarisch: szablya) ist eine leichte Hieb- und Stichwaffe. Der militärische Säbel hat eine gebogene Klinge, die nur an einer Seite geschliffen ist. In vielen Fällen ist der Klingenrücken auf den ersten 10-30 cm von der Spitze an geschärft (Schör), um beim Rückhandschlag Wirkung zu erzielen und auch die Stoßeigenschaften zu verbessern.
Säbel wurden hauptsächlich von der Kavallerie verwendet. Leichtere Modelle kamen gegen Ende des 17. Jahrhunderts auch bei der Infanterie in “Mode”.
Reitersäbel
Die Kavalleriesäbel
Kavalleriesäbel dienten der schweren und der leichten Reiterei. Die Waffen der leichten Reiterei hatten eine kurze Klinge und einen leichten einfachen Handschutz in Form eines einfachen Bügels.
Kavalleriesäbel, um 1800, Schlossmuseum Jever
Die breite, einfache Klinge dieser Waffe entspricht in ihrer Form den Klingen, die in der Mitte des 18. Jh. in ganz Europa in Gebrauch waren. Der Griffbügel, der in einem rechten Winkel in die gerade Parierstange übergeht, ist ein typisches Merkmal für die Waffen des späten 18. Jh.
Die gebogene Form der Waffen ermöglichte einen Hieb von oben gegen vor dem Pferd stehende Feinde. Um auch gerade stoßen zu können, besaßen die meisten modernen europäischen Säbel eine spitze beidseitig geschliffene Klinge.
Husarensäbel, um 1810, Schlossmuseum Jever
Dieses Modell eines Husarensäbels war ein “Exportschlager” aus Solingen, der in ganz Europa zu finden ist. Die Klinge ist gebleut und mit feuervergoldeten floralen Ornamenten und militärischen Trophäenzeichen graviert. Auf der terzseitigen Fehlschärfe findet sich die Herstellergravur “J. S. & C.”. Auf dem Klingenrücken ist eine kleine Gravur in Form einer Rose zu erkennen.
Husaren, die schnellen und sehr beweglichen Reiter und ihre Waffen, die stark gebogenen und leichten Säbel, gab es in allen europäischen Armeen. Die Waffen der Husaren waren sehr leicht. Erreicht wurde dies durch besonders dünne Scheiden, eine stark gekehlte Klinge und duch den Verzicht auf einen umfassenden Handschutz.
Preußischer Kavallerie-Korbsäbel für Offiziere M 1852, Schlossmuseum Jever
Diese relativ schwere und große Waffe sollte die alten M 1811, die “Blüchersäbel” ablösen, die für die Hand zu wenig Schutz boten und zum Stoßen weniger geeignet waren. Zum Leidwesen der traditionsbewussten Reiterei war die Waffe von einem Fußsoldaten, dem Premierleutnant Eichmann vom 14. Preußischen Infanterieregiment, entwickelt worden. Sie setzte sich dennoch durch. Die untere Tragehülse an der eisernen Scheide ist noch vorhanden. Der untere Tragering wurde aber nach offizieller Trageanweisung am Ende des 19. Jahrhunderts entfernt.
Die kurzen Infanteriesäbel des 18. Jh. blieben bei den Grenadieren noch lange als Nahkampfwaffe in Gebrauch.Ende des 19.Jahrhunderts gingen viele Truppen, vor allem die Infanterie, wieder zu den Degen über. Offiziere trugen nach 1850 längere, feinere Säbel, die als Statussymbole dienten. Wie der Degen überlebte der Säbel in verkleinerter Version als Ehrenzeichen bis in die heutige Zeit.
Füsilier- und Artilleriesäbel
Die Säbel der Fußtruppen
Leichte Säbel wurden hauptsächlich von den Fußtruppen verwendet. Sie kamen gegen Ende des 17. Jahrhunderts bei der Infanterie und im 19. Jh. auch bei der Artillerie in “Mode”.
Grenadiersäbel französischer Facon, um 1800, Schlossmuseum Jever
In den Napoleonischen Kriegen gelangten viele der einfachen aber robusten französischen Säbel als Beute in die Arsenale europäischer Armeen. Hier wurden sie mit nur geringen Änderungen in den Bestand übernommen und wie in Deutschland noch bis ins 20. Jahrhundert für Polizeieinheiten genutzt. Die Herkunft der hier gezeigten Waffe ist unklar.
Löwenkopf-Säbel, vor 1900, Schlossmuseum Jever
Der Säbel hat eine schmale gebogene, beidseitig gekehlte Rückenklinge mit reicher Ätzverzierung. Der Klingenrücken ist leicht gerundet. Auf der terzseitigen Fehlschärfe findet sich die Herstellergravur “EW. CLEFF SOLINGEN”. Die Parierstange und der Griff enden jeweils in einem Löwenkopf. Am Griffende sind zwei rote Glassteine als Augen des Tierkopfes eingelassen. Der rechte Parierstangenlappen zeigt einen klassizistischen Kopf in einer Kartusche. Die Reste einer ehemaligen Vergoldung sind am Gefäß zu erkennen. Das hier gezeigte Exemplar wurde im 19. Jahrhundert entwickelt und war in den Katalogen fast aller Hersteller in ähnlicher Form zu finden.
Säbel dieser Art wurden und werden als Ehrenzeichen bei vielen Waffengattungen bis in unsere Zeit getragen. Die Waffen sind oftmals vergoldet oder versilbert. Die Tradition der Tierkopfgefäße ist sehr alt. Schon in der Antike gab es diesen Schmuck an repräsentativen Waffen.
Bajonette, aufpflanzbare Seitengewehre und Spezialmesser
Als Seitengewehr werden alle an der Seite getragenen Waffen mit Griff und Klinge bezeichnet. Aufpflanzbare Seitengewehre sind Kombinationswaffen, die als Säbel, Messer oder Dolch mit Griff verwendet oder auf den Lauf einer Schusswaffe aufgesteckt werden können.
Das Wort “Bajonett” ist von der französischen Stadt Bayonne abgeleitet. Dort wurde die in den Lauf einsteckbare Stoßwaffe im 17. Jahrhundert entwickelt und allmählich in ganz Europa gebräuchlich.
Bajonette
Tüllenbajonette
Dreikant-Tüllenbajonett nach französischer Art, 19. Jh., Schlossmuseum Jever
Der berühmte französische Festungsbaumeister Vauban erfand 1669 das Tüllenbajonett, um das Abfeuern der Waffe bei aufgepflanztem Zustand zu ermöglichen. Um 1700 baute man die ersten Bajonette mit abgeknicktem Arm, um nun auch das Laden zu erleichtern.
Dreikant-Tüllenbajonett nach französischer Art, 19. Jh., Schlossmuseum Jever
Die Länge und Form der Klinge variierte nach Einsatzzweck und passte sich den Veränderungen der Kriegstechnik an. Kurze Klingen dienten dem Nahkampf unter Infanteristen. Lange Klingen wurden für die Infanteristen überlebenswichtig, als sie mehr und mehr berittenen Angreifern gegenüberstanden.
Erst mit Einführung des Hinterladergewehres in der Mitte des 19. Jh. verschwanden die Tüllenbajonette zu Gunsten der aufsetzbaren Seitengewehre mit Griff. Von diesen Seitenwaffen gab und gibt es unzählige Varianten, die sich je nach Einsatzzweck stark unterscheiden.
Seitengewehre
Seitengewehre
Als Seitengewehr werden alle an der Seite getragenen Waffen mit Griff und Klinge bezeichnet. Aufpflanzbare Seitengewehre sind Kombinationswaffen, die als Säbel, Messer oder Dolch mit Griff verwendet oder auf den Lauf einer Schusswaffe aufgesteckt werden können.
Artillerie-Faschinenmesser, Modell 1860/1871, Schlossmuseum Jever
Das Seitengewehr Modell 1860/71 wurde 1861 als Füsilierwaffe hergestellt. Nach 1871 wurden die Bohrungen zum Aufsetzten auf ein neues Gewehr verkleinert und die Waffen fortan als Faschinenmesser “M 1871” der Artillerie zu Fuß wieder verwendet. Die Registrierung als Ersatzwaffe eines Fußartillerieregiments erklärt den sehr guten Erhaltungszustand dieser Waffe.
Französisches Seitengewehr, Modell 1874, Schlossmuseum Jever
Die Waffe hat eine lange schmale Rückenklinge mit einem T-förmigen Querschnitt, der noch sehr an die Dreikantklingen der Tüllenbajonette erinnert. Die Parierstange ist unten in einem Bogen nach vorn gezogen und endet dort in einer Einrollung. Auf der anderen Seite ist die Parierstange verbreitert und zum Aufsetzen auf den Gewehrlauf mit einer Bohrung versehen. Auf dem Klingenrücken ist die Inschrift: “M(anufactur) e d’Armes de St Etienne Août 1875” eingraviert.
Deutsches Pionierfaschinenmesser, Modell 1857, Schlossmuseum Jever
Das Seitengewehr hat eine mit 4 cm sehr breite Rückenklinge mit einem Sägerücken. Auf der linken Fehlschärfe ist die Herstellersignatur “GEBR. WEYERSBERG SOLINGEN”, auf dem Klingenrücken das Abnahmezeichen “FW 57” unter einer Krone eingestempelt. Die Bohrung für den Gewehrlauf wurde nachträglich auf 17,4 mm verkleinert, um sie an das neue Gewehr “M 71” anzupassen. Die Parierstange wurde seitlich abgeflacht, um das Visier nicht zu verdecken. Diese Seitengewehre wurden zu Beginn des 1. Weltkrieges international verboten. Der Sägerücken verursachte schwere Risswunden.
Faschinenmesser der Artillerie oder der Infanterie, Modell 1787/1810, Schlossmuseum Jever
Dieses Seitengewehr konnte nicht auf einen Gewehrlauf gesteckt werden. Die Waffe wurde an der Seite geführt und diente nur in Ausnahmefällen dem Kampf gegen Menschen. Das Faschinenmesser hat eine breite gerade Klinge ohne Kehlung und ist machetenartig geformt.
Faschinenmesser sind eine Mischung aus Werkzeug und Waffe. Sie haben Eigenschaften von Macheten und sind zum Abschlagen von Zweigen und Ästen, zum Schanzbau und zum Beseitigen von Hindernissen geeignet. Von den Pionieren wurden Faschinenmesser beim Bau von militärischen Objekten eingesetzt.
Hirschfänger und Plauten
Hirschfänger, Zerbster Militär, 18. Jahrhundert, Schlossmuseum Jever
Hirschfänger und Jagdplauten sind ca. 50 – 70 cm lange Hieb- und Stoßwaffen. Sie wurden für die Jagd verwendet.
Im 18. Jahrhundert wurden Hirschfänger und Jagdplauten, ähnlich wie Galanteriedegen, zum Bestandteil der Kleidung, der Jagd- und Forstuniformen. Als Materialien für die reich verzierten Griffe wurden Messing, Silber, Gold, aber auch Hirschhorn und gelegentlich Elfenbein genutzt. Der Hirschfänger entwickelte sich im 17. Jh. aus dem Jagddegen. Er diente zum Abfangen von Rot- und Damwild, aber auch von geringen Sauen. Der Fangstoß wurde schräg von vorne in das Herz des von Hunden gestellten oder krankgeschossenen Wildes geführt. Der Hirschfänger war bei den Feudaljagden des 18. Jahrhunderts das Kennz- und Ehrenzeichen des “hirschgerechten” Jägers.
Die Plaute unterscheidet sich vom Hirschfänger durch ihre leicht gebogene und nur vorn beidseitig geschliffene Klinge. Die Plaute entstand aus dem militärischen Kurzsäbel, was nicht selten durch die Klingeninschrift “Vivat Pandur” belegt wird.
Jagdplaute, 18. Jahrhundert, Schlossmuseum Jever
Plauten wurden hauptsächlich bei der Parforcejagd verwendet, um dem gestellten Hirsch die Sehnen der Hinterläufe zu durchtrennen, damit er nicht mehr fliehen konnte. Dieses “Hessen” geschah vom Pferd aus oder durch einen Jagdknecht zu Fuß. Die gebogene Klinge ermöglichte dabei einen ziehenden Schnitt, der wirksamer war als ein bloser Schlag. Notfalls konnte die Plaute auch zum Abfangen verwendet werden.
Die angeführten Jagdmethoden sind nur aus der damaligen Zeit heraus zu verstehen und deuten an, dass die herrschaftliche Jagd und das Jagdwesen Teil des absolutistischen Repräsentationsvokabulars waren. Der Gewalt kam darin eine bedeutende Rolle zu.