Kopfschutz

Mützen, Tschakos und Pickelhauben

Neben einer schützenden haben Uniformmützen immer auch eine repräsentierende Funktion. Sie lassen den Träger größer, kräftiger und bedeutsamer erscheinen. Um diese Effekte zu erzielen, sind die Kopfbedeckungen besonders hoch, haben einen großen Durchmesser oder weisen prächtige Verzierungen auf.

Praktikabilität spielt bei rein zeremoniellen oder liturgischen Kopfbedeckungen wie etwa einer Krone oder der von Bischöfen getragenen Mitra keine Rolle, allein Pracht und Größe zählen. Anders bei Kopfbedeckungen, die im Einsatz – ob militärisch oder nicht – getragen werden.

Die Schirmmützen, Tschakos und Pickelhauben in der Sammlung des Schlossmuseums stammen ausnahmslos aus dem 19. Jahrhundert, also der vermeintlich „guten alten Zeit“, als man noch Kriege gewann und das Deutsche Reich geeint wurde. Wie die Objekte ins Museum gekommen sind, ob es Einzelstücke waren oder sie von einem oder mehreren Sammlern abgegeben wurden, ist bislang ungeklärt. Im Folgenden werden einige der insgesamt vierzehn Exemplare aus der Museumssammlung vorgestellt.

Impressum: Christian Ganzer.

Tschako
Das Wort Tschako ist eine eingedeutschte Version des ungarischen csákó. Seine Ursprünge werden in der Kopfbedeckung bewaffneter ungarischer Schäfer aus dem frühen 18. Jahrhundert vermutet. Diese Mütze wurde zunächst von ungarischen Kavelleristen, den sogenannten Husaren, übernommen und mit einer Feder oder einem Helmbusch versehen. Später kam ein Schirm aus Leder dazu, der als „Spitze” bezeichnet und möglicherweise Namensgeber der Mütze wurde (csákós süveg – spitze Pelzmütze). Vielleicht wegen der einsetzenden Verbreitung des Zylinders in der zivilen Hutmode führten viele europäische Armeen den csákó im frühen 19. Jahrhundert als Kopfbedeckung für Soldaten und Offiziere ein. Die ungarischen Husaren wurden also zu Trendsettern mit internationalem Einfluß.

Die zylinderartige Form des Tschakos variierte im Laufe der mehr als 200 Jahre seines Einsatzes immer wieder etwas. So verjüngte er sich beispielsweise bei Mitte des 19. Jahrhunderts von britischen Offizieren getragenen Modellen von oben nach unten, während er ab den 1860er Jahren dazu tendierte, besonders am Hinterkopf etwas ergonomischere Formen anzunehmen. Auch ging man nach schlechten Erfahrungen mit dem aus Filz gefertigten Deckel, der sich schnell mit Wasser vollsog, dazu über, hier Leder zu verwenden. Dieses bot auch Säbelhieben größeren Widerstand und damit dem Träger etwas mehr Schutz.

Jägertschako Modell 1895

Jägertschako Modell 1895. Anders als klassische Zylinder und deutlich ältere Tschako-Modelle, ist der hintere Bereich an die Form des Kopfes angepaßt (Inv.-Nr. 03782).
 

Auch die seit 1807 in den deutschen Ländern eingeführten, und ab 1871 im Deutschen Reich bei Militär und Polizei verwendeten Tschakos, wurden immer wieder leicht modifiziert. Diese Modifikationen erlauben heute eine relativ genaue Datierung der Objekte, wenn keine anderen Anhaltspunkte, wie etwa datierte Kammerstempel vorliegen.

Stempel der Kleiderkammer des 3. Jägerbataillons

Dem Stempel der Kleiderkammer des 3. Jägerbataillons (3. J.B.) zufolge wurde dieser Tschako 1896 vereinnahmt (Inv.-Nr. 03782).
 

Das Brandenburgische Jäger-Bataillon Nr. 3 war im zwischen Cottbus und Berlin gelegenen Lübben (Spreewald) stationiert. In der Sammlung des Schlossmuseums sind zwei gleichartige Exemplare dieses Tschakos aus demselben Jägerbataillon vorhanden. Die 1865 publizierte Geschichte des Brandenburgischen Jäger-Bataillons Nr. 3 des Ludwig von Kusserow vermerkt die Einführung des Tschako bei allen Jägerbataillonen im März 1854.

Da die Modifikationen oft sehr unscheinbar waren und kleine Bestandteile der Uniformteile betrafen, ist bei entsprechenden Untersuchungen scherzhaft von „Knopfkunde“ die Rede.

Haken und Knöpfe

Der Sturm- oder Kinnriemen liegt normalerweise auf dem Vorderschirm auf. Beim Laufen oder bei sehr starkem Wind, in Situationen also, in denen der sichere Halt einer Mütze oder eines Helms auf dem Kopf besonders wichtig ist, kommt der unters Kinn zu ziehende Riemen zum Einsatz. Die Möglichkeit, den Riemen von der Kopfbedeckung zu lösen, vereinfacht das Anlegen. Zunächst in Bayern eingeführt, wurde die bajonettartige Verbindung von Tschako und Riemen 1891 durch die preußische Armee übernommen. Damit wurde dieses System für das gesamte Deutsche Heer verbindlich. Die neue Bauform machte auch eine neue Kokardenform erforderlich. Auf dem Bild gut zu erkennen ist die auf der rechten, der „Paradeseite“, zu tragende „Knopf-91-Kokarde“ in den Farben des Deutschen Reiches. Auf der linken Tschako- oder Helmseite wurde eine Kokarde in Landesfarben getragen, die den föderalen Charakter des Reiches widerspiegelte. An den in der Sammlung des Schlossmuseums vorhandenen Helmen fehlen die Landeskokarden durchweg.

Wie vieles andere beim Militär waren auch die Kokarden hierarchisch gegliedert. Offizierskokarden waren größer, außerdem wiesen sie eine andere Oberflächenstruktur als jene der Unteroffiziere und Mannschaften auf.

Lüftungsscheiben und Bundleder

Modellvergleich

Die Modelle des Mannschafts-Tschako eines preußischen Linienjägerbataillons im Vergleich: Links jeweils ein zwischen ein zwischen 1892 und 1895 hergestelltes Exemplar, rechts das Modell 1895 (Inv.-Nr. 02565 und 03782).

Der wohl auffälligste Unterschied zwischen den beiden Modellen liegt in der geringeren Höhe der Neueinführung. Offenbar spielte Praktikabilität im Einsatz nun eine wichtigere Rolle als die Repräsentativität. Welche Überlegungen oder Moden zu den jeweiligen Veränderungen führten, lässt sich heute kaum noch nachvollziehen.

Nackenschirm des Tschakos. Rechts davon die alte Inventarnummer des Museums (Inv.-Nr. 02565)
Nackenschirm des Tschakos. Rechts davon die alte Inventarnummer des Museums (Inv.-Nr. 02565).
 

Wegen der Gleichförmigkeit der Uniformteile kommt es leicht zu Verwechslungen, besonders bei Kopfbedeckungen, die häufig abgenommen werden. Um den jeweils eigenen Helm sicher identifizieren zu können, schreiben Soldaten bis heute häufig ihren Namen hinein. Dieser Tschako wurde von einem Herrn Huber getragen. Mehr ist über den Mann nicht bekannt.

Allen Veränderungen zum Trotz blieben ein Schirm vorne und eine Aufnahme für ein Feldzeichen oder einen Haarbusch feste Bestanteile eines Tschakos. Bei späten Modellen war diese in der Regel als Lederschlaufe vorne am oberen Mützenrand angebracht, außerdem kam später ein Nackenschirm hinzu.

Unteroffiziers-Tschako mit eingestecktem Haarbusch

Unteroffiziers-Tschako mit eingestecktem Haarbusch aus schwarzem Rosshaar
Unteroffiziers-Tschako mit eingestecktem Haarbusch aus schwarzem Rosshaar (Inv.-Nr. 03778).
 

Der Haarbusch dient allein repräsentativen Zwecken. Im Einsatz wurde an Stelle des unpraktischen Haarbüschels ein Feldzeichen eingesteckt, das die Unterscheidung von Freund und Feind erleichterte, wegen seiner Höhe aber eher auffällig war. Da die Kriegführung im 19. Jahrhundert auch wegen der weniger präzisen Waffen mit geringerer Feuergeschwindigkeit und Zerstörungskraft vielfach noch auf dem Zweikampf mit Säbeln basierte, stellte dies aber kein großes Problem dar. In den Schützengräben des Ersten Weltkrieges hätte das auch „Nationale“ genannte Feldzeichen dem Gegner als Zielhilfe gedient.

Das Fehlen der Lüftungsscheibe, das Vorhandensein des Bundleders und schließlich der Haken für die Dornschnalle weisen den Tschako als Modell 1887 aus.

Besonders fällt der Beschlag aus Metall an der Stirnseite des Tschakos ins Auge. Dieser Zierat, auch Helmzier genannt, diente in erster Linie als Erkennungszeichen, welchem Staat der Träger des Helmes angehört, sie kann aber auch Informationen über Waffengattung, Truppenteil oder Rang des Trägers enthalten.

In den vorliegenden Fällen handelt es sich um den heraldischen preußischen Adler, der rechts ein Zepter und links einen Reichsapfel in den Fängen hält. Auf dem Kopf trägt er die Königskrone (geschlossene Form in Abgrenzung zur oben offenen Herzogskrone), auf der Brust ein Schild mit den Initialen „FR“, die auf den ersten preußischen König Friedrich I. verweisen (Fredericus Rex – König Friedrich). Über Flügel und Brust zieht sich ein Spruchband mit der Aufschrift „Mit Gott für König und Vaterland“.

Es gab zwei Arten der Gestaltung der Initialen auf den Jägertschakos. Diejenige auf den in der Sammlung vorhandenen Exemplaren zeigt die unverschnörkelten Initialen „F.R.“. Sie wurden vom 3., 4., 7., 8., 9. und 11. Bataillon getragen, was mit dem Kammerstempel des 3. Bataillons in den Objekten korrespondiert. Die bei uns nicht vorhandene, verschnörkelte Version „F.W.R.“ fand sich auf den Tschakos des 1., 2., 5. und 6. Bataillons.

Detail des Zierates I

Detail des Zierates – 'FR' für Fredericus Rex
Detail des Zierates – „FR“ für Fredericus Rex (Inv.-Nr. 03778).
 

Das kleine Kreuz auf dem Reichsapfel mit seinen spitzen Ecken tendiert dazu, an Kleidung oder anderen Gegenständen hängenzubleiben, wodurch das Metall verbog. Wohl aus diesem Grunde wurde die linke Klaue des Adlers beim Modell 1897 aus stärkerem Material gefertigt, als dies beim Vorläufermodell der Fall war. Das half aber nur bedingt.

Detail des Zierates II

Bei allen drei in der Sammlung des Schlossmuseums vorhandenen, deutlich genutzten Mannschaftstschakos ist der Fang des Adlers so verbogen, dass der Reichsapfel mehr oder minder nach unten weist. Lediglich das Unteroffizierstschako, ein wenig getragenes Privatstück, weist diese Beschädigung nicht auf.

Im Zuge der Militarisierung der Gesellschaft wurde die ursprünglich militärische Kopfbedeckung zusammen mit armeeähnlichen Uniformen 1812 für das preußische „Korps Gendarmerie“ übernommen, das in ländlichen Gegenden Polizeiaufgaben übernahm. Auch die Polizei in Preußen wurde mit dem Tschako ausgestattet.

Nachdem Pickelhaube und Stahlhelm den Tschako beim deutschen Militär ersetzt hatten, blieb er bei der Polizei bis 1969 in Gebrauch. Entsprechend symbolisch aufgeladen wurde die Kopfbedeckung vielfach karikiert.

Pickelhaube
So neuartig und charakteristisch war die 1842 eingeführte preußische Pickelhaube, dass der auf den Kopf gesetzte und nach oben weisende Zeigefinger in manchen Gebärdensprachen bis heute die Wörter „deutsch“ oder „Deutscher“ symbolisiert. Tatsächlich reichen die sprachlichen Ursprünge der Pickelhaube ins Mittelalter zurück. Damals schützen Männer, deren Geschäft das Töten anderer Menschen war, ihren Kopf mit Helmen, die wegen ihrer Form im Mittelhochdeutschen als Beckenhûben bezeichnet wurden. Infolge der neuhochdeutschen Diphthongierung, eines die langen Vokale betreffenden Lautwandels, und weiterer Veränderungen der Sprache, entstanden daraus die Wörter Beckelhaube, Bickelhaube und später Pickelhaube.

Außer der Bezeichnung haben mittelalterliche Beckenhûbe und moderne Pickelhaube entwicklungsgeschichtlich allerdings nichts gemein. Übrigens kannte der offizielle Sprachgebrauch die im Volk gebräuchliche Bezeichnung „Pickelhaube“ nicht. Heute ist sie aber selbst in der Wissenschaft fest etabliert.

Helm

Helm für einen preußischen Reserveoffizier der Dragoner (berittene Infanterie), hergestellt vor 1867
Helm für einen preußischen Reserveoffizier der Dragoner (berittene Infanterie), hergestellt vor 1867 (Inv.-Nr. 03774).
 

Die noch Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlichen Schusswaffen waren Vorderlader mit geringer Schussfolge. Sie hatten Mitte des 19. Jahrhunderts den Waffen, die das Töten noch zu einem unmittelbaren Gewaltakt machten, der direkte Nähe erforderte, noch nicht den Rang abgelaufen. Deswegen musste der Kopf weiterhin wirksam vor Verletzungen durch Klingen und stumpfe Hiebwaffen geschützt werden, was dem Tschako nur unzureichend gelang.

Daher wurde ein Helm gesucht, der der Wucht von Hieben standhielt, ohne den Träger dabei durch hohes Gewicht zu behindern. Dies gelang mit der 1842 beim preußischen Heer eingeführten, aus relativ leichtem Leder gefertigten Pickelhaube, deren oberer Bereich mit einem Kreuzblattbeschlag und einer darauf sitzenden Spitze die Hiebe seitlich ableitete. Der Kinnriemen war mit Metallschuppen besetzt („Schuppenkette“), wodurch das Gesicht einen seitlichen Schutz gegen Schnitte erhielt. Schließlich verstärkte der vorne angebrachte Zierat das Leder erheblich. Neben diesen Vorzügen bei der Sicherheit, bot der neue Helm auch besseren Schutz gegen Regen und Sonne als der bisher verwendete Tschako. Kugeln und Granatsplittern hielt er aber nicht stand.

Helmspitze und Kreuzblattbeschlag

Helmspitze und Kreuzblattbeschlag
Helmspitze und Kreuzblattbeschlag bei einer vor 1867 hergestellten Pickelhaube. Eine der Sternschrauben, mit denen Beschlag an der Helmglocke befestigt sind, fehlt (Inv.-Nr. 03774).
 

In den 74 Jahren von der Einführung des neuen Helmes (1842) bis zu seiner Ablösung durch den Stahlhelm (1916) wurde die Pickelhaube immer wieder modifiziert. Kleinteilige Unterschiede weisen auch die Helme von Mannschaften und Offizieren, der verschiedenen Waffengattungen sowie Regimenter auf. Darüber hinaus unterscheiden sich die Helme der verschiedenen deutschen Staaten durch die jeweiligen Insignien. Anhand der dadurch entstehenden Charakteristika lassen sich die Helme aus der Museumssammlung zeitlich und räumlich einordnen sowie Diensträngen, Waffengattungen und manchmal auch Truppenteilen zuordnen.

Details Pickelhauben

Die letzte Veränderung der Pickelhaube erfolgte noch 1915, kurz vor ihrer endgültigen Außerdienststellung. Da die markante Helmspitze gegnerischen Infanteristen in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs als Zielhilfe diente, wurde sie im Feld meist abgenommen. Statt die antiquierte Spitze jedoch aufzugeben, führte das Reichsheer einen neuen Helm ein, bei dem die Spitze mittels einer Bajonetthalterung einfacher ab- und aufgesetzt werden konnte.

Die Geschichte der Modifizierungen lässt sich anhand der Allgemeinen Kabinetts-Ordres (A.K.O.) detailliert nachvollziehen, die in den in Berlin herausgegebenen Armeeverordnungsblättern bekannt gegeben wurden. Ulrich Schiers weist fast 50 derartige Veröffentlichungen nach, von denen manche gleich mehrere Modifikationen belegen. Zu den wichtigsten gehören die zuletzt 1896 erfolgten Verkleinerungen des Helmkörpers, wodurch der Helm leichter und wegen des niedrigeren Schwerpunktes praktischer in der Nutzung wurde. Bei Artillerie (1844) und Marine (1850) wurde die Helmspitze durch eine Kugel ersetzt. Die Spitze hatte beim Umgang mit der Kriegstechnik oft zu Verletzungen anderer Soldaten geführt.

Die Industrielle Revolution veränderte auch die Kriegführung. Neue Technologien und Produktionsmethoden erlaubten die Herstellung von Metallpatronen, Mehrladegewehren mit gezogenem, daher präziserem Lauf. Die Schussfolgen der Waffen steigerten sich und erreichten mit dem 1885 erfundenen Maxim-Maschinengewehr 600 Schuss pro Minute. Neuartige Geschütze und dazugehörige Munition ermöglichten effektives Töten von Menschen auf große Entfernungen. Im industrialisierten Krieg bot der Lederhelm seinem Träger kaum noch Schutz, dennoch zogen Soldaten aller Länder noch mit derartigen Kopfbedeckungen in den Ersten Weltkrieg. Nachdem die französische Armee einen Stahlhelm eingeführt hatte, der Kopf und Schultern einen deutlich besseren Schutz vor Infanteriegeschossen, Splittern und Schrapnellkugeln bot, zog das Reichsheer 1916 nach. Das war das Ende der Pickelhaube.

Kulturgeschichte der Pickelhaube
Je nach Zeit und Ort, aber auch nach politischer Orientierung war die Pickelhaube Symbol polizeistaatlicher Unterdrückung, der deutschen Einigung oder Symbol von Recht und Ordnung. Sie stand für den abgelehnten preußischen-deutschen Militarismus, anderen aber für ein starkes „deutsches Vaterland“.

Dabei galt der zur Zeit ihrer Einführung recht moderne Helm manchen zunächst offenbar überhaupt nicht als Symbol. So trugen die revolutionären Bürgerwehren 1848 den Helm als neutrales Ausrüstungsstück. Für andere war er bereits zu diesem Zeitpunkt Feindbild und stand für Unterdrückung von Bürgerrechten und Pressefreiheit.

Im Zuge von Einigungskriegen und Reichseinigung 1871 erlangte die Pickelhaube den Status eines nationalen Symbols, obwohl sie auch von Armeen anderer Länder übernommen worden war. Sie wurde in der nationalistischen und militaristischen deutschen Propaganda als positiv besetztes Symbol des Reiches, seiner Führung, Armee und Polizei verwendet.

Reservistenkrug und Postkarte

Neben der Schulterklappe des 67. Reserve-Infanterie-Regiments ist als einziges Uniformstück eine Pickelhaube freischwebend auf dem Trinkgefäß abgebildet. Der gesamte Kontext – Fahnen, Waffen und das Spruchband „Mit Gott für Kaiser und Reich“ – steht sie für einen positiven Bezug auf Militär und Staat. Die Garnisonen des 67. Regiments befanden sich in Metz und St. Avold (Lothringen).

Darstellungen von Kindern mit Pickelhauben, hier mit feldgrauem Überzug, sollten die Wehrhaftigkeit der gesamten Nation symbolisieren. Im vorliegenden Fall ist ein positiver Bezug auf sexuelle Gewalt im Kriege nicht zu übersehen, da der „Soldat“ gemeinsam mit seinem Schwarz-Weiß-Rot tragenden Hund ein Mädchen „kriegsgefangen“ nimmt. Sie ist von der Hundeleine gefesselt, wodurch sie am (Weg-)Gehen gehindert wird, während der Junge sich ihr forsch nähert – legitimiert durch die Pickelhaube.

Sozialdemokratischen Medien verkörperte die Pickelhaube dagegen besonders die Unterdrückung der Arbeiter, da sie Mitte des 19. Jahrhunderts auch bei der Polizei eingeführt wurde. Gleichzeitig stand sie bis Anfang des 20. Jahrhunderts für den einfachen Soldaten, im Gegensatz zur Offiziersmütze, die als stellvertretend für die Klasse der Unterdrücker gesehen wurde.

Im Ausland stand der Helm bald für ein militärisch bedrohliches und aggressives Deutsches Reich. Beliebige Monster oder Tiere verwandelte sie im Nu zu „Deutschen“.

In Bezug auf die in der Sammlung des Schlossmuseums befindlichen Exemplare können wir angesichts der damaligen ideologischen Ausrichtung des Altertums- und Heimatvereins von einer positiven Bewertung ausgehen, die zur Aufnahme der Objekte führte. Die Sammler wollten die von ihnen geachteten Symbole von Reich und Obrigkeitsstaat für die Nachwelt erhalten.

Literatur
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  • Die Uniformen der Deutschen Armee in übersichtlichen Farbendarstellungen. Mit ausführlicher Liste der sämmtlichen Truppentheile und Landwehr-Bataillone nebst Angaben der Standquartiere und genauen Erläuterungen der Farbdarstellungen. Achte, vollständig umgearbeitete und vermehrte Auflage, Leipzig 1883.
  • Dörfler, Sebastian; Roller, Sarah (Hg.): Hut ab! Pickelhaube, Pussyhat und andere Kopfgeschichten. Stuttgart 2019, S. 105.
  • Funcken, Liliane und Fred: Historische Uniformen, 19. Jahrhundert. 1850-1900: Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Österreich, Rußland. Infanterie, Kavallerie, technische Truppen, Artillerie. München 1983.
  • Herr, Ulrich; Nguyen, Jens: Die deutsche Kavallerie von 1871 bis 1914. Uniformierung und Ausrüstung. Wien 2006, S. 22.
  • Kusserow, Ludwig von: Geschichte des Brandenburgischen Jäger-Bataillons Nr. 3 und des Magdeburgischen Jäger-Bataillons Nr. 4 von 1815 bis 1865. Berlin 1865. Online: https://books.google.de/books?id=V-JWAAAAcAAJ&pg=PA110#v=onepage&q&f=false (2.8.2023), S. 110.
  • Müller, Heinrich; Kunter, Fritz: Europäische Helme aus der Sammlung des Museums für Deutsche Geschichte. Berlin (DDR) 1984, S. 79 und S. 84.
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  • Radecke, Erich, Geschichte des Polizei-Tschakos. Von der Alten Armee zur Polizei. Hilden/Rhld. 1981, S. 15-23 und S. 41f.
  • Sander, Antje: „Friesenstolz und Vaterland.“ Der Jeverländische Altertums- und Heimatverein in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwischen Heimatbewegung, nationalsozialistischer Ideologie und traditionalistischer Beharrung, in: Antje Sander (Hg.): Spurensuche im Schlossmuseum Jever. Beiträge zur Provinienzforschung, Sammlungs- und Vereinsgeschichte von Christiane Baier, Holger Frerichs und Antje Sander. Oldenburg 2020, S. 51-88.
  • Schiers, Ulrich: Wehrgeschichtliches Museum Rastatt: Die Sammlungen des Wehrgeschichtlichen Museums im Schloss Rastatt. Teil 5. Kopfbedeckungen. Teil 1. Die Verbreitung der Pickelhaube in den deutschen Staaten. Rastatt 1988, S. 7-29.
  • Vogel, Jakob: Die Pickelhaube, in: Etienne François, Hagen Schulze (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte. Band II. München 2001, S. 299-314.
  • Wolf, Michael: Die „Pickelhaube“ als soziales Phänomen. Zwischen Militarismus und Symbolismus, Analyse und Rekonstruktion des soziokulturellen Wandels eines deutschen Symbols. Masterarbeit. Gießen 2016. Online: https://d-nb.info/1148264469/34 (2.8.2023), S. 31-60.