Nach dem zweiten Weltkrieg gelangte sie schließlich durch die amerikanischen Soldaten auch zu uns nach Europa, wo die Jeans zum ersten Mal 1948 in der L. Hermann Kleiderfabrik in Künzelsau hergestellt wurde. Die Firma ist seit 1958 unter dem uns heute geläufigen Namen “Mustang” bekannt. Im darauffolgenden Jahrzehnt hatte das einstmalige Arbeitskleidungsstück schließlich seinen Durchbruch bei der europäischen Jugend, die die Jeans als Symbol der Rebellion und Abgrenzung von der Elterngeneration trugen, weshalb die Jeans auch von den älteren Generationen noch deutlich abgelehnt wurde. Auch Berühmtheiten wie Jackie Kennedy und die Filmstars James Dean und Marlon Brando steigerten die Bekanntheit der “Texashosen”, wie sie in Deutschland vielfach genannt wurden.
In den 60ern wurde die Jeans nur noch beliebter bei der Jugend und wurde häufig mit Fransen oder selbstgestanzten Nieten verziert, um den rebellischen Charakter zu betonen. In den 70ern fingen mit der äußerst beliebten Schlaghose nun auch Erwachsene an, Gefallen an der Jeans zu finden. Die schlichte Jeans wurde schließlich zum Alltagsstück. Im Gegensatz dazu standen die zerrissenen, geflickten, bestickten und ausgefransten Jeans der Jugendlichen.
Auf den Abbildungen ist die vorliegende Männerjeans der 70er Jahre zu sehen, welche im Rahmen einer Sonderausstellung in die Sammlung gekommen ist. Sie ist in einem geraden Schnitt und einer hellen Waschung. Es war nicht unüblich, eine Lieblingsjeans wie diese stark zu modifizieren, wie hier zum Beispiel mit mehrfachen Flicken und Rissen als Verzierung und Individualisierung, die entweder als Reparatur oder aber auch ganz gezielt angebracht geworden sein konnten. Die seit 1967 in Deutschland eingetragene Marke “Wrangler” war damals wie heute eine der bekannten Jeansmarken.
Das neue Genre der Discomusik, welches sich am Anfang der 70er eher als Underground geltend entwickelt, wird 1974 zur eigenen Musikrichtung erklärt und geht mit bekannten Titeln wie “Kung Fu Fighting” von Carl Douglas oder auch “Shame, Shame, Shame” von Shirley & Company schließlich vollständig in den Mainstream über. Die Musikrichtung ist vor allem unter den jungen Leuten beliebt und prägt sowohl die Jugendkultur als auch die gesamte Gesellschaft der 70er, was Mode und Zeitgeist angeht.
Leider ist wenig über die Benutzung dieser Hose bekannt, aber es lässt sich vermuten, dass das Kleidungsstück viel getragen und sicher eher als unkonventionell von der Umgebung eingestuft wurde. Besonders auffällig neben den Rissen und Flicken sind die Glitzernähte, die der Jeans eine individuelle Note geben. Ob die Hose extra für das Tragen in der Disco verziert wurde, muss offen bleiben. In Discotheken und Tanzclubs waren sicher mehr Freiheiten in Puncto Kleidung und Aussehen bzw. Aufmachung erlaubt, zudem boten sie für die Jugend der 70er einen wichtigen Treffpunkt, entfernt von den Traditionen, von denen sie sich so dringend absetzen wollten.
In den 80er Jahren wird dann vor allem die Karottenjeans beliebt. Der Name beschreibt ein hohen taillierten Bund ein weites Bein und einen wieder zulaufenden Abschluss. Waschungen wie “Stonewashed”, die der Jeans einen Used-Look gaben, fanden große Beliebtheit. Auch die heutig noch beliebte Röhrenjeans wurde in den 80ern zum ersten Mal auf den Mark gebracht.
In den 90ern wurden die Jeans im Gegensatz breiter als nie zuvor und die sogennante Baggy-Jeans, welche meist nur auf dem Hüftknochen saß, wurde sowohl von Männern als von Frauen getragen.
In den 2000ern kommt schließlich wieder die Röhrenjeans auf, welche hauptsächlich mit niedrigem Bund getragen wurde. Oft waren diese mit bunten Nieten, glitzernden Stickereien oder anderen Details verziert.
Diese Zeitgeschichte führt uns schließlich zu der Jeans wie wir sie heute kennen, welche über die Jahrzehnte durch die verschiedensten Dinge geprägt wurde, wie etwa der Discobewegung der 70er.
Luisa Finke