Präsente aus Jever: Die Kupferreliefs von Günter Gentsch [73]

Die Hauptfassade des Schlosses in Jever ist regional ein beliebtes Motiv. Auch als Kupferrelief, eine Kupferfolie mit Einprägungen, schmückt es die die Wände vieler Haushalte.

Besonders bekannt für die Herstellung dieser Stücke in Jever war Günter Gentsch, der sich selbst als „Kupferbildner“ bezeichnete. Der in den 1920ern in Sachsen geborene, gelernte Augenoptiker kam nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Waffenschule der Luftwaffe nach Jever und war bis zu seiner Verabschiedung 1980 Hauptmann bei der Bundeswehr. Anschließend widmete er sich dem Zeichnen und der Kupferbildnerei als Freizeitbeschäftigung und als nebenberufliche Tätigkeit.

Heutzutage ist das Aufhängen von Kupferreliefs an beispielsweise der Wohnzimmerwand nicht mehr so stark in Mode, professionell hergestellte Kupferreliefs werden aber immer noch gut verkauft.

Eins der folgenden Bilder zeigt ein von Günter Gentsch angefertigtes Kupferrelief des Schlosses in Jever von der Seite des Eingangstores aus. Links und rechts sind Bäume zu sehen und das Schloss ist in aller Größe bis zur Wetterspitze abgebildet.

Die Grundlage dieser Reliefs sind Zeichnungen. Günter Gentsch selbst zeichnete schon seit seiner Kindheit, fertigte für immer wiederkehrende Motive auch Schablonen an. Die meisten seiner Arbeiten waren Auftragsarbeiten von Vereinen, Unternehmen und auch Privatpersonen zu beispielsweise Jubiläen.

Die Kupferfolie, mit der Günter Gentsch arbeitete, war 4/10 Millimeter dick und kam in Rollen. Er druckte oder kopierte die Zeichnung umgekehrt auf die Rückseite der Folie und arbeitete dann die Konturen mit dünnen, bleistiftartigen Metallstiften (sogenannte „Prägestifte“) aus. Für die Eckstücke nutzte er Stahlwolle oder Radierstifte. Das fertige Relief wurde gebeizt und mit Schwefelsäure oder eisenhaltiger Säure übergossen, die das Kupfer dunkel verfärbte und so bestimmte Bereiche noch mehr hervorhob („Patinieren“). Da die Säure gleich mit Wasser weggespült werden musste, halfen Gentschs Kinder bei diesem Schritt oft.

Die Hohlräume des Reliefs goss er mit Gips oder Kunstharz aus und zog das Kupfergebilde auf eine Holzplatte. Teilweise wurde ein Rahmen hinzugefügt, manchmal nur die überstehenden Metallkanten zurück gebogen. Die meisten Werkstücke erhielten einen Aufhänger und eine Widmung auf der Rückseite.

Allgemein kann man das Relief auch nach Fertigstellung noch mit Metalllack streichen oder mit Autolack polieren. Tiefe, glatte Stellen wurden gleichmäßig kreisförmig drückend hervorgearbeitet und teilweise wurde auch ein Lineal verwendet, um besonders gerade Linien zu ziehen.

Zu Günter Gentschs häufigsten Motiven zählten Stadtbilder (z.B. Köln oder Oldenburg), Bilder von Bauerhäusern, Hotels und Wirtschaftshäusern, die Gorch Fock, Arbeiten für Vereine und Verbände und Werke der Heraldik. So zum Beispiel das Wappen aus der obigen Fotogalerie.

Dieses Relief ist eines der kleineren Stücke Gentschs. Er verkaufte seine Werke zu Preisen von 30 bis 700 DM, wobei er in die größeren Stücke oft 50 bis 60 Stunden Arbeit steckte. Der Durchschnittspreis für seine Werkstücke lag aber bei 100 DM. Ein Stadtbild der Stadt Varel mit den Maßen von circa 80 x 140 cm gehört sicherlich zu den größeren Arbeiten.

Vermutlich hat Günter Gentsch in seinem Leben mehrere Hundert Kupferreliefs geschaffen. Kulturhistorisch gesehen ist es äußerst wichtig, Kunst aufzubewahren und weiter zu vermitteln, da sie eine Art ist und eine Art abbildet, sich auszudrücken. Waren diese Bilder vor vierzig oder fünfzig Jahren modern, werden sie bereits jetzt als museal eingestuft und bereichern als Schenkungen die Sammlung des Museums. Sie geben heute Auskunft über einen vergangenen Zeitgeschmack und darüber hinaus über eine tradierte Technik, die nach wie vor bekannt ist und ausgeübt wird: wenn auch nicht mehr für eine breite Masse.

Ines Jordan

Quellenverzeichnis:

Artikel der NWZ vom 20.11.1981: Günter Gentschs Metier ist Kupfer. „Gemälde“ besonderer Art aus Jever.
Abbildungen aus dem Schlossmuseum Jever und dem Heimatmuseum Varel.
Interview mit Michael Gentsch, durchgeführt von Dr. Maren Siems am 15.9.2021.
Winkler Schulbedarf: Kupferbild-Set, Nr. 101112, https://www.winklerschulbedarf.com/Documents/Anleitungen_Werkpackungen/PDF_Ger/101112.pdf➚, Zugriff am 17.9.2021.

© Schlossmuseum Jever