Das Schlossmuseum Jever besitzt in seinem umfangreichen Bestand an Schmuck aus dem späten 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert auch einige traditionelle Broschen, die zu den ostfriesischen Filigranschmuckstücken gehören.
Der Begriff Filigran setzt sich zunächst aus den beiden lateinischen Wörtern „filum“ für Faden und „granum“ für Korn zusammen und kann mit „gekörnter Draht“ übersetzt werden. Die kunsthandwerkliche Herstellung des Filigranschmucks hat eine jahrhundertelange Tradition. So entstanden vor allem im Orient und byzantinischen Reich schon seit dem 15. Jahrhundert überaus prachtvolle Stücke, die von den Seefahrern und Kaufmännern von ihren Reisen als Souvenir in den friesichen Raum mitgebracht wurden. Diese Filigranarbeiten wurden dann von hiesigen Goldschmieden in Gold und Silber adaptiert und zu den Stücken entwickelt, die auch heute noch in verschiedenen Ausführungen in Friesland im Bereich des Trachtenschmuck zu finden sind.
Bei der Herstellung des Filigranschmucks wird ein dünngewalztes Stück Silber- oder Golddraht kordiert, das heißt, es wird in Handarbeit zu sehr feinen, schneckenförmigen Linien geformt und in einen zuvor gefertigten, häufig gebogenen Rahmen gesetzt. Mit Hilfe von Streulot wird es an den Stellen, wo die kleinen Drähte den Rahmen berühren, gelötet. Zusätzlich wird der Rahmen mit glatten Flächen ausgefüllt, was einen spannenden Wechsel der Oberfläche ausmacht.
Innerhalb des ostfriesischen Filigranschmucks werden diese Flächen mit Formen gefüllt, traditionell in Ornament-, Herz- oder auch Muschelform. Erst nach der Füllung wird die Form bestimmt, die das fertige Schmuckstück erhalten soll. Diese kann gebogen, rund oder auch nur leicht gewölbt sein. Ketten oder Broschen erhalten zum Abschluss noch kleine Anhänger, zum Beispiel in Form von Muscheln, oder einzelne Kettenglieder, die mithilfe von Ösen an den unteren Enden der Schmuckstücke befestigt und somit beweglich sind. Besonders aufwendige Stücke werden, jedoch eher seltener, zusätzlich mit kostbaren Edelsteinen versehen.
Die dadurch entstandenen Broschen, Ringe, Kettenanhänger, Ohrringe und Anstecknadeln wurden über mehrere Generationen hinweg in ostfriesischen Familien vererbt und zur Festtagskleidung angelegt. Es wurde aber nicht nur Schmuck in der traditionellen Filigrantechnik hergestellt, sondern auch Objekte wie silberne Taschenbügel oder Kandis- bzw. Zuckerzangen wurden reich verziert. Die klassischen Formen des Filigrans aus dem Mittelmeerraum wurden dabei übernommen und auf die regionalen Alltagsgegenstände übertragen.
Brosche, ca. 1850-1900, 4,3 x 3,6 cm
Brosche, um 1900, 6 x 5,5 cm
Brosche, Jahrhundertwende 19./20. Jahrhundert, Ø 6 cm
Diese Art von Broschen wurden meist mittig auf einer Festtags- oder Sonntagskleidung angebracht, um sie möglichst repräsentativ auf dem getragenen Brusttuch in Szene zu setzen. Die erhaltenen Stücke werden auch heute noch als Vorlagen von insgesamt 3 hiesigen Goldschmieden genutzt, um den traditionellen Schmuck bis in die Gegenwart hinein zu bewahren.
Literatur und Quellen:
Arians, Horst: Riechdosen und Kleinsilber aus Ostfriesland, Aurich 2011.
Egger, Gerhart: Bürgerlicher Schmuck 15.-20. Jahrhundert, München 1984.
Hoffmann, Anna: Die Landestrachten von Nordfriesland, 2. Aufl., Heide 1980.
Winter, Bernhard: Unsere alte Volkstracht. In: Heimatkunde des Herzogtums Oldenburg, 2 Bde., Bremen 1913.
Wodarz, Corinna: Juwelen für Jeden – Modeschmuck vom Historismus bis zur Hippiezeit, Oldenburg 2002.
https://www.hermannarends.com/
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