Barocke Träume – Die Fayence-Manufakturen von Zerbst und Jever
Das Schlossmuseum Jever beherbergt als kostbare barocke Objektgruppe eine seltene Sammlung von Zerbster und Jeverschen Fayencen, die wie auch die Gobelins in besonderem Maße das Lebensgefühl ihrer Zeit widerspiegeln.
Die Leidenschaft für das neuartige Material Porzellan, das mit Aufnahme der Handelsbeziehungen zu China seit dem 16. Jahrhundert auf den europäischen Markt gelangte, und das anfängliche Unvermögen, es im eigenen Land herzustellen, rief in Europa eine Blütezeit der Fayence hervor.
War zunächst das Porzellan Chinas das begehrte Sammelgut, welches als seltenes Exoticum in den Kunst-und Wunderkammern der Fürstenhöfe zusammengetragen wurde, so führte man an den fürstlichen Hofhaltungen bald auch Fayencen als repräsentative Zierobjekte und beliebtes Tafelgerät. Die Fayenceproduktion entwickelte sich schnell zu einem lukrativen Geschäft. Vor allem die Delfter Fayence-Manufakturen hatten sich auf die Imitation von chinesischem Porzellan spezialisiert.
Der Erfolg der niederländischen Fayencehersteller führte insbesondere im 18. Jahrhundert auch in anderen europäischen Ländern zu zahlreichen Neugründungen von Fayence-Manufakturen. Zu ihnen zählen die Manufakturen in Zerbst und Jever, aus deren Produktion nur mehr wenige Stücke erhalten sind.
Anlässlich der Ausstellung “Barocker Traum – Fayencen aus Zerbst und Jever” ist ein gleichnamiger Katalog erschienen, der mit kurzen Einführungen in Zeit und Geschichte der Manufakturen einen Einblick in den überlieferten Bestand der erhaltenen Fayencen beider Manufakturen bietet. Der Katalog kann für EUR 13,90 im Museumsshop erworben werden.
Die Fayence-Manufaktur Zerbst
Wie viele andere Fürsten ließ auch Johann August von Anhalt-Zerbst (Regierungszeit 1718 – 1742) eine Fayence-Manufaktur anlegen, um die begehrte Ware im eigenen Land produzieren und das Abfließen von Geld einschränken zu können. Der Betrieb der Manufaktur in Zerbst wurde 1721 aufgenommen.
Zum Käuferkreis gehörten zunächst vor allem die Fürstenhäuser, so daß ein großer Anteil der Produktion aus repräsentativer Schmuckkeramik bestand (Vasengruppen, figürliche Tafelaufsätze wie der Zerbster Bär u.a.).
Der kaufmännische Erfolg der Manufaktur in Zerbst wurde erheblich von ihrer ungünstigen Lage zwischen den wirtschaftspolitischen Rivalen Sachsen, Preußen und Braunschweig beeinflußt. Nach anfänglichen Absatzproblemen gehörten die 1760er Jahre zu den erfolgreichsten der Zerbster Fabrik.
Die zunehmende Steingut- und Porzellanerzeugung sowie neue ästhetische Orientierungen der Käufer, die mit der Fayence nicht mehr erfüllt werden konnten, führten gegen Ende des 18. Jahrhunderts zum Niedergang dieser Produktkultur und 1799 auch zur Einstellung des Betriebs in Zerbst.
Die Fayence-Manufaktur Jever
Örtliche Tonvorkommen bildeten 1760 eine wichtige Voraussetzung für das Gesuch des Fayencemalers Johann Taennich, in dem seit 1667 von Anhalt-Zerbst verwalteten Jever eine Fayence-Manufaktur einrichten zu dürfen.
In Folge schwieriger Absatzbedingungen sowie betrieblicher Probleme konnte der Betrieb der Manufaktur trotz fürstlicher Subventionen von Seiten Friedrich Augusts von Anhalt-Zerbst (Regierungszeit 1752-1793) nicht rentabel geführt werden, so daß die Manufaktur schon 1776 wieder aufgegeben werden mußte.
Dennoch sind aus dem Jeverschen Betrieb Produkte hervorgegangen, die wie die ausgestellten Deckelterrinen von hoher Qualität sind. Es hat sich jedoch nur wenig erhalten, so daß ein Urteil über die Produktpalette kaum möglich ist.
Anders als für die Zerbster Manufaktur sind für den Jeverschen Betrieb nur einige Produzenten namentlich nachweisbar. Relativ sicher zuzuordnen ist die Initiale K, die auch in Kombination mit der Ortsbezeichnung auftritt. Sie dürfte auf Sebastian Heinrich Kirch verweisen, der zeitgleich mit Taennich in Jever arbeitete und später nach Kellinghusen ging.