Wie sieht der Tag einer Saatkrähenfamilie aus? Was geschieht in den Nestern der Saatkrähenkolonie im Schlosspark Jever? Wie wachsen die Küken heran? Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, installierte die Arbeitsgruppe „Live dabei“ im Jahr 2019 erstmals in einer Esche des Jeverschen Schlossparks in 22m Höhe eine Kamera über einem der Nester. Seitdem ermöglicht ein Livestream, der über die Homepages der Projektpartner zu verfolgen ist, das Brutgeschehen in den Wipfeln zu verfolgen.
„Mathilde“ – dieser Name wurde dem Weibchen in der ersten gefilmten Brutsaison gegeben- und ihr Partner haben ihr Nest in den letzten Wochen hergerichtet. Durch die kontinuierliche Dokumentation des Brutgeschehens in den letzten sechs Jahren lassen sich mittlerweile Parallelen und Unterschiede des Brutverlaufs und –erfolgs erkennen. Sämtliche Filmaufnahmen werden gespeichert, fließen u.a. in das Projekt „Schlosspark Jever – Landschaftsgärten in Friesland im Klimawandel“ ein und stehen als umfangreiche Datenlage zur Verfügung, z.B. für eine wissenschaftliche Auswertung im Rahmen einer Facharbeit.
Mit Blick auf die letzten Jahre ist zu erwarten, dass „Mathilde“ das erste Ei zwischen dem 13 und 22. März legen wird. Mit dem Ausflug des flüggen Nachwuchses ist zwischen dem 4. und 23. Mai zu rechnen. In den vorangegangenen sechs Jahren verließen 2 oder 3 Jungvögel das Nest, obwohl „Mathilde“ zwischen 4 und 8 Eier legte. Statistisch gesehen ist davon auszugehen, dass von ihnen nur jedes zweite das erste Lebensjahr überlebte.
Bisher wurde der Stream lebhaft wahrgenommen, wie die Anzahlt von jährlich bis zu 60.000 Klicks/Besuchern erkennen lässt. „Wir freuen uns sehr über diese große Resonanz. Im Rückblick auf die letzten Jahre stellen wir fest, wie mit dem Blick ins Nest Verständnis für die Lebensweise der Saatkrähen entsteht. Es zeigt sich bei uns im Schlosspark in Jever konkret, dass ein friedliches Miteinander mit den in der Brutzeit sehr kommunikationsfreudigen gefiederten „Nachbarn“ möglich ist. Nach Ende der Brutzeit kehrt im Schlosspark wieder Ruhe ein und die Kamera wird abgeschaltet“, so die Projektpartner.
Rückmeldungen und Nachfragen aus Städten und Dörfern, in denen die Koloniebrüter leben, zeigen, dass das Projekt über Jever hinaus bundesweit wahrgenommen wird. So berichteten Erzieherinnen und Erzieher eines Kindergartens aus dem Landkreis Rotenburg (Wümme), dass sie das Brutgeschehen täglich gemeinsam mit den Kindern verfolgten. So lernten die Kinder, die Saatkrähe an ihrem markanten, hellen Stocherschnabel von der Rabenkrähe zu unterscheiden, beobachteten, wie die Saatkrähen-Väter eifrig Insekten und Regenwürmer herantrugen und an die Küken und „Mathilde“ verfütterten – während der Brutzeit und in den ersten „Kindertagen“ der Küken sind ausschließlich die Väter für die Fütterung verantwortlich. So konnten sie miterleben, wie Saatkrähenküken aufwachsen, vom Schlupf, über das Öffnen der Augen, bis hin zu den ersten unbeholfenen Flugversuchen und dem Verlassen des Nestes.
„Wir laden auch in diesem Jahr wieder herzlich ein, per Kamera zu Gast im Nest zu sein, und sind gespannt auf die Beobachtungen in der diesjährigen Saison, denn – auch dieses zeigten die letzten Jahre – kein Brutjahr gleicht dem anderen, immer wieder gibt es überraschende Beobachtungen und Erkenntnisse.
Zur Arbeitsgruppe „Live dabei“ gehören das Schlossmuseum Jever, das mobile Umweltbildungsprojekt MOBILUM des NABU Niedersachsen, die Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Umweltschutz Jever (WAU), der Landkreis Friesland sowie die Oldenburgische Landschaft mit dem Projekt „Naturkieker“.
Unterstützt wird das Projekt durch die Firma Braukmann Baumpflege aus Rastede durch die Bereitstellung einer Hubbühne und von der Firma Stadtlander aus Zetel, die für die elektronische und digitale Infrastruktur sorgt.
Links:
WAU: www.wau-jever.de
Schlossmuseum Jever: www.schlossmuseum.de
NABU Niedersachsen: www.NABU-niedersachsen.de/saatkraehen-webcam
Naturkieker: www.naturkieker.de