(Opa Hoppenstedt, Loriot)
Oftmals sind es die Alltagsgegenstände aus unserer Museumssammlung, die mir persönlich viel Freude bereiten, wenn ich mich mit ihnen befasse. Erstaunlich viele Dinge, die früher im täglichen Gebrauch waren, sind im Laufe der Jahrzehnte in die Sammlung des Schlossmuseums gekommen. Wertvolle Erinnerungen führten manchmal dazu, sie bewahrt wissen zu wollen. Oder aber sie wurden in Schachtel, Kisten, Kellern oder auf Dachböden wiedergefunden und dann als historisch eingeschätzt.
Bei dieser Packung Lametta scheint letzteres der Fall gewesen zu sein. Eine nicht angebrochene Packung der Firma “Orion-Eis-Lametta”, lässt mich darüber nachdenken, dass meine Kinder diese Art von Baumschmuck gar nicht kennen. Lametta ist in den letzten Jahren aus der Mode gekommen. Das Bewusstsein für die Umwelt hat sicher dazu beigetragen, dass die dünnen Streifen aus bleihaltigem Stanniolpapier kaum noch Verwendung finden. Den Eiszapfen an Tannenbäumen soll es nachempfunden sein. Sparsam, mit Geschick über einzelne Zweige gelegt oder gehängt, erfreute es sich noch in den 1970er Jahren recht großer Beliebtheit. Nach dem Fest wurde es wieder mühsam abgesammelt, um im nächsten Jahr erneut zum Einsatz zu kommen. Vom Hörensagen soll es sogar Familien gegeben haben, bei denen es gebügelt wurde. Doch warum will niemand mehr Lametta am Baum? Ist der Schmuck, den die Großeltern noch traditionell aufhängten, im Zuge der schnell wechselnden Trends, die auch die Weihnachtsdekoration erfasst haben, einfach nicht mehr zeitgemäß? Oder geht mit dem Wegfall der silbernen oder goldenen Streifen gar eine glorreiche Epoche zu Ende, wie es im Loriot-Zitat anklingt? Ist der „Niedergang des Lametta (..) demnach Ausdruck für die Entwurzelung des Menschen im Zeitalter der Globalisierung“1, wie in der Zeitschrift „Welt“ zugespitzt formuliert wird?
Tatsache ist, dass 2015 der letzte deutsche Hersteller, die Firma Riffelmacher & Weinberger (Franken), die zu Hochzeiten bis zu 50 Tonnen Material zu tannenbaumdekorierenden Streifen verarbeitete, die Produktion einstellte: Der Absatz fehlte schlichtweg. Heute können Nostalgiker und Fans dieses Weihnachtsschmuckes für viel Geld noch Restbestände kaufen: bei etwa 40 Euro pro Packung lohnt sich dann zumindest das Bügeln!
So erzählt dieses, inzwischen museales Objekt, von der Veränderung im Brauchtum, von der wir nicht immer wissen, wieso sie eigentlich erfolgt.
Von Maren Siems, die nicht nur Lametta, sondern auch diverse Weihnachtsbaumständer im Magazin des Museums zu finden weiß.
1. Quelle: Welt.de, Artikel von Christoph Driessen, 2009
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