Die Absender gehörten alle einer speziellen gesellschaftlichen Schicht an, die man gemeinhin als „Honoratioren“ bezeichnen könnte, Familien also, die vor allem als Gewerbetreibende, aber auch Personen des öffentlichen Lebens, wie Lehrer oder Pfarrer, die Geschicke eines Ortes bestimmten. Viele der Namen finden sich ebenfalls in den zahllosen Vereinen wieder, die um die Jahrhundertwende in Neustadtgödens heimisch waren. Es gehörte zum guten Ton, anderen Honoratioren, zu denen ein Arzt sicherlich gehörte, bei Jubiläen schriftlich zu gratulieren.
Besonders interessant waren in diesem Zusammenhang die 17 Grußkarten, die von jüdischen Mitbürgern stammen. Deren Anteil machte 37% aller aus der Gemeinde Gödens stammenden Grußkarten aus. Die jüdische Gemeinde Neustadtgödens hatte aber um 1900 einen Anteil an der Gesamtbevölkerung, der nicht größer als 17% war. Die Zahlen zeigen den hohen Grad von Emanzipation und wirtschaftlicher Eingebundenheit des jüdischen Bevölkerungsteils zu dieser Zeit. Sie gehörten zum gesellschaftlichen Leben des Fleckens dazu, wie z.B. Philipp Stein, der zusammen mit seiner Frau einen sogenannten Productenhandel (Handel mit landwirtschaftlichen Produkten) betrieb oder Adolf Weinberg, der Mitbegründer des Kriegervereins und dessen erster Vorsitzender war.
Schon eine Generation weiter war das jüdische Leben in Neustadtgödens fast erloschen. Durch den Niedergang Neustadtgödens als führendes Handelszentrum am Jadebusen wanderte die jüngere Generation der jüdischen Gemeinde nach Wilhelmshaven ab. Zurück blieb eine überalterte jüdische Bevölkerung. Das belegen auch die Zahlen der folgenden Volkszählungen. 1925 lebten bei 574 Bewohnern nur noch 25 und 1933 bei 505 Bewohnern nur noch 12 Juden in dem Flecken.
Stephan Horschitz
Museum im Landrichterhaus