Boßeln, Klootschießen und Schöfeln: Früher, in den kalten Wintern Frieslands, haben sich spezielle Sportarten entwickelt, die noch heute als herausfordernd sportliches und geselliges Ereignis einen hohen Stellenwert in der Region haben. Gefrorene Weiden und Wiesen, vereiste Gräben und Tiefs sind die Voraussetzung, um mit Schlittschuhen zu gleiten oder Holzkugeln – mit oder ohne Eisenkern – auf die Bahn zu bringen.
Friesensport
Die naturräumliche Prägung der friesischen Landschaft begünstigt die Ausübung sehr eigener Sportarten. Abgesehen von wenigen etwas höher gelegenen Geestgebieten, bestehen weite Teile des Landstriches aus den auf Meeresspiegelhöhe liegenden Meeresablagerungen der Marsch. In der flachen, gleichförmigen Landschaft rollen die Kugeln beim Boßeln und Klootschießen besonders gut.
Die vergleichsweise dünne Besiedlung der küstennahen Regionen fördert bis heute in kleineren Siedlungen eine besondere lokale Identität. Die Konkurrenz zu benachbarten, in der Region gelegenen Ortschaften, wird daher besonders gelebt. Die zumindest bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wenig befahrenen Straßen sowie weite, unbebaute Flächen, boten darüber hinaus gute Voraussetzungen für das Boßeln und Klootschießen.
Als „Spaßsportart“ wird Besenwerfen in Ostfriesland meist Im Frühjahr ausgeübt, in Wittmund beispielsweise am Rosenmontag. In Cäciliengroden (Gemeinde Sande) wurde es mit dem Siedlerfest verknüpft zu einem bunten Umzug mitten im Sommer. Der Besen ohne Stiel kann wie ein Schleuderball auch da geworfen werden, wo Boßeln oder Klootschießen nur schwer möglich sind.
Das raue Klima der Nordsee und die Härten der mit ihr verbundenen Seefahrt haben seit jeher eher deftiges Essen und eine ausgeprägte Trinkkultur gefördert. Grünkohl mit besonders fetthaltigem Fleisch sowie ein (oder mehr) Hochprozentiges gehört daher bis in die Gegenwart sowohl zum friesischen Sportwettkampf als auch der in der Freizeit beliebten Boßeltour.
Der Bewegungsablauf des Boßelns ähnelt dem des Kegelns. Dies ist kein Zufall. Viele Landgaststätten hatten im Außenbereich eine Kegelbahn. Irgendwann kam man auf die Idee, die Kugeln auf der Straße auszuprobieren. Schnell erkannte man die Herausforderungen durch gewundene Straßen und den damit verbundenen Spaß. Die Schwere und Größe der Kegelkugeln wurde alsbald angepasst, sodass die entstandenen Boßelkugeln bequem mittransportiert werden konnten.
Wie andere frühe Sportwettbewerbe auch, wurde das Klootschießen als älteste nachweisbare Friesensportart vornehmlich als Konkurrenz zwischen zwei Kirchspielen betrieben, dem häufig ein großer Teil der jeweiligen Dorfbewohner zuschaute. Übergreifend haben sich daraus sportliche Wettbewerbe zwischen Oldenburg und Ostfriesland entwickelt, die von zeitweilig bis zu 20.000 Zuschauern verfolgt wurden.
Um trockenen Fußes von einem Ort zum nächsten zu gelangen, musste man sich etwas zum Überqueren der zahlreichen Entwässerungsgräben ausdenken. Die Wahl fiel auf einen 3 bis 5 Meter langen Stab, zumeist aus Eschenholz. Ein Einsinken im Graben verhindert ein ca. 30cm großer „Teller“ am unteren Ende. Mit genug Schwung und der richtigen Technik ließ und lässt sich so fast jeder Graben überwinden.