Und noch geht es mir gut! Feldpostkarten des 1. Weltkriegs in Friesland

16. November 2014 – 31. März 2015

Deutsche Feldpost. Postkarte, um 1915 Deutsche Feldpost. Postkarte, um 1915

„Und noch geht es mir gut…” – dieser Satz, der als Titel der Ausstellung dient, wurde so oder in leicht abgewandelter Form millionenfach auf Feldpostkarten und -briefen geschrieben. Er ist als Lebenszeichen an die Familien und Freunde zu Hause gedacht, als Beruhigung, als Zeichen der Zuversicht – und doch schwingt in ihm auch Angst und Verzweiflung mit.

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Einhundert Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges fällt es schwer, einen direkten Bezug zu diesen lange vergangenen Ereignissen herzustellen, die die europäische Geschichte so nachhaltig prägten. Hier bieten die im Krieg täglich millionenfach versendeten Feldpostkarten einen besonderen Zugang. Ihr Inhalt lässt uns an den alltäglichen Sorgen und Bedürfnissen der Soldaten teilhaben. Gleichzeitig bietet ihre motivische Vielfalt eine Vorstellung davon, wie der Weltkrieg in der Gesellschaft wahrgenommen werden sollte.

Dem Archiv des Schlossmuseums wurden im letzten Jahr mehrere größere Konvolute an Feldpostkarten und -briefen aus dem Ersten Weltkrieg übergeben. Sie stammen aus der Korrespondenz hiesiger Familien und geben Einblick in die individuellen Schicksale der Soldaten an der Front, die stellvertretend für viele sein können.

Wie kein ein anderes visuelles Medium prägten die Ansichtskarten die bildliche Wahrnehmung des Ersten Weltkrieges. Die Tageszeitungen der damaligen Zeit veröffentlichten in der Regel keine Fotografien, Wochenillustrierte und das Kino genossen noch keine große Verbreitung. Es waren deshalb vor allem die Postkartenmotive, die den Daheimgebliebenen eine Vorstellung von den Ereignissen an der Front und der Rechtfertigung der Kriegsopfer vermittelten.

Die Möglichkeiten, die die Karten in dieser Hinsicht boten, wurden denn auch in hohem Maße für propagandistische Ziele genutzt. Porträts des Kaisers und seiner Familie, von Generälen beförderten den Personenkult der Zeit. Ebenso finden sich Karten, auf denen die Textbotschaft im Vordergrund steht: Umsäumt von schwarz-weiß-roten Fahnen und Lorbeerkränzen begegnen hier Parolen wie „Lieb Vaterland magst ruhig sein!“, „Einer für Alle, Alle für Einen!“ oder „Deutschlands Aar schützt unser Land“. Andere Mitteilungen gaben auf der Bildseite patriotische Lyrik wie die Oldenburg-Hymne oder das Deutschlandlied wieder. Texte, die Identifikation und Siegesgewissheit stiften sollten.

Oft am Rande des Kitsches bewegten sich Karten mit sentimentalen Sujets. Die Illustrationen setzten Themen um wie den Abschied des Soldaten von seiner Liebsten oder die gegenseitige Sehnsucht während seiner Abwesenheit. Ihre Popularität blieb zwischen 1914 und 1918 ungebrochen. Dagegen erfreuten sich humoristische Karten einer bestimmten Tendenz insbesondere in der ersten Kriegszeit hoher Beliebtheit. Große Verbreitung erfuhr hier beispielsweise das „Fräulein Feldgrau“-Motiv: Die Karten boten Darstellungen junger Frauen in Uniform, denen eine Zigarette im Mundwinkel oft eine zusätzliche Ebene des Provokanten verlieh. Einen ähnlichen Fall stellten Karten mit uniformierten kleinen Jungen dar, oft mit einem kleinen Mädchen an der Hand. Der Gegensatz zwischen männlich besetzter Uniform und dem Geschlecht bzw. dem Alter ihrer Träger verharmloste das Soldatsein und nahm der Kriegserfahrung ihren Schrecken.

Menschen, die mit der Wirklichkeit des Krieges in Berührung gekommen waren, die einen persönlichen Verlust oder Engpässe in der Versorgung erfahren hatten, mochten sich an einer solchen Perspektive stoßen. So gewannen die Darstellungen mit zunehmender Kriegsdauer an Realitätsnähe. Diese Postkarten präsentieren Soldaten in den Schützengräben, an einer Haubitze oder beim Spaziergang durch eine besetzte Stadt. Gegnerische Gefangene, Truppenübungsplätze und Friedhöfe zählen ebenso zu den Sujets wie Gefechtsszenen.

Die Kommunikation zwischen Soldaten und ihren Familien und Freunden verlief fast ausschließlich über das Medium Feldpost. In oft kurzen, knappen Mitteilungen wird ein Lebenszeichen gegeben, über das Grauen des Krieges wird kaum oder eher indirekt berichtet. Hierfür die Worte zu finden, war für viele schwer. Dies bedeutet sicherlich nicht, dass die Schreiber und die Adressaten das Kriegsgeschehen ignorierten oder die patriotisch gesinnten, verharmlosenden oder propagandistisch aufgeladenen Bilder der Vorderseiten jederzeit unreflektiert hinnahmen.

Der persönliche Ansatz, der für die Präsentation gewählt wurde, ermöglicht es, genauer hinzuschauen, und über die dargestellten Schicksale einzelner, die eigene Familiengeschichte zu betrachten und hierüber vielleicht auch einen mitfühlenderen Blick auf die Kriege, die uns heute umgeben, zu wagen.

In den Familien wurden diese Briefe und Karten oft zusammen mit Photos und anderen Erinnungsstücken über Generationen hinweg verwahrt. Oft wählte man dazu besonders ausgeschmückte Behältnisse oder auch einfache Zigarrenkisten. Gerade, wenn ein Soldat gefallen war, bedeuteten diese Erinnerungsstücke für die Familien fast so etwas wie ein Grab, durch dass die Memoria an den Toten aufrecht erhalten werden konnte.

Die Feldpostkarten, die im Mittelpunkt unserer Ausstellung stehen, stammen fast ausnahmslos aus Privatbesitz und gewähren oft sehr intime Eindrücke in das Innenleben der Soldaten. So werden auch in der Ausstellung stellvertretend für viele andere Schicksale anhand der Erinnerungsstücke und Feldpostkarten aus den verschiedenen Gesellschaftsschichten in Friesland nachgezeichnet.

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Begleitend zu den Sonderausstellungen bieten wir auch Programme für Schulklassen:

Begleitprogramme für Schulklassen
“Und noch geht es mir gut….”
Feldpostkarten und Schicksale aus Friesland während des Ersten Weltkriegs

Austellungsführung mit Anleitung und Materialien zum Selbsterkunden
Dauer ca. zwei Schulstunden
Kosten für die Führung und den Eintritt pauschal: 40 €.

Wir bieten Ihnen eine “Kiste” mit Materialien zur Vor- und Nachbereitung, Kopiervorlagen etc., die sie sich kostenlos bei uns ausleihen können. Einige dieser Materialien stehen auch als Download zur Verfügung.

Lehrer/innen können sich selbstverständlich die Ausstellung zuvor kostenlos ansehen.

Nach Ende der Ausstellung (31. März 2015) stehen Ihnen die Arbeitsmaterialien in einem unserer Museumskoffer und natürlich auch das museumspädagogische Team weiterhin zur Verfügung.

Selbstverständlich können Sie dieses Angebot auch mit einem Besuch des Schlossmuseum kombinieren. Hierfür würde dann kein weiterer Eintritt erhoben werden.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Lehrermaterialien zur Ausstellung zum Download:

Auszüge aus Feldpost und Tagebüchern

Georg von der Vring (1889-1968) – Gedichte – Soldat Suhren

Feldpostkarten. Stimmen und Bilder von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Reader zur Ausstellung “und noch geht es mir gut”