07. Dezember 2003 – 29. Februar 2004
Studioausstellung
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörten sie in jedes gutbürgerliche Kinderzimmer, die Theater aus Papier, mit denen Opern und Dramen nachgespielt wurden, die man zuvor auf der Bühne eines großen Theaters gesehen hatte. Wie im Großen wurde auch dem Familien- und Kindertheater ein erzieherischer Wert beigemessen, der den Wissenskanon und die Moralvorstellungen des Bildungsbürgertums vermitteln sollte.
Allerdings waren diese Bühnen zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht als Kinderspielzeug, sondern aus dem Wunsch des Theaterpublikums heraus entstanden, große Theaterabende im heimischen Rahmen reproduzieren zu können. Verbreitung fanden sie in ganz Europa erfreuten sich aber in England, Österreich, Dänemark und Deutschland besonderer Beliebtheit.
Es gab zahlreiche Verlage, die Figuren und Kulissen auf Papierbögen anboten. Das beliebteste Stück für Papiertheater ist der “Freischütz” Carl Maria von Webers mit 25 Versionen von 16 verschiedenen Verlagen.
Zwei der einflussreichsten Verlage waren Scholz in Mainz und Schreiber aus Esslingen. Von beiden Verlagen befindet sich ein Theater in der Sammlung des Schlossmuseums. Das “Thalia” ist das kleinste der Theater, die der Verlag aus Mainz anbot, der besonders durch qualitätsvolle Graphiken auf sich aufmerksam machte. Schreiber in Esslingen (ursprünglich ein Verlag für Kinderbücher und die Familienzeitschrift “Meggendorfer Blätter”) eroberte den deutschen Markt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch kindgerechte Texthefte mit Spielanleitungen vornehmlich für Märchenstücke.
Ein Theater dieses Verlages konnte vor Kurzem für die Sammlung des Schlossmuseums erworben werden. Es wurde wahrscheinlich über Generationen in der Familie weitergeben und zuletzt nicht als Papiertheater, sondern als Bühne für Marionetten benutzt.
Die Ausstellung möchte Besuchern demonstrieren wie aus einem Papierbogen ein Theater(-Stück) entstand und mit welchen Techniken es bespielt wurde. Es möchte vor allem denjenigen, die bisher noch keinen Kontakt zu Papiertheatern hatten, den Zauber der kleinen Bühnen mit ihren perspektivisch gestalteten Kulissen und Hintergründen (Proszenien) vermitteln.