27. Juni bis 31. August 1999
Zehn Künstler aus dem norddeutschen Raum haben sich in ihren Arbeiten mit der komplexen Problematik von der Anziehung der Leiber und der Fremdheit der Seelen, von Macht und Gier, Verletzlichkeit und Hochmut auseinandergesetzt. Zudem sind die Künstler in eine Art künstlerischen Dialog mit Strindberg getreten, um es mit der suggestiven Kraft seiner Werke aufzunehmen.
Zimmertheater im Gobelinsaal
Das Theater Orlando spielt August Strindberg’s Fräulein Julie
Das Schlossmuseum in Jever und das Theater Orlando aus Rastede haben ein aussergewöhnliches Projekt in den ehrwürdigen Räumen des Schlosses realisiert. Erstmals wird im Gobelinsaal des Schlosses zu Jever eine Theaterinszenierung gezeigt.
Mit dem Theaterklassiker Fräulein Julie von August Strindberg gastierte das Theater Orlando erfolgreich beim Strindberg Festival in Stockholm und spielte über zwei Spielzeiten im Palais Rastede (Landkreis Ammerland). Das Thema dieses Stückes ist der Klassen- und Geschlechterkampf in sehr unterschiedlichen Facetten. Laut Strindberg ist Fräulein Julie ein Schauspiel ohne jede moralische Tendenz, ohne Subjektivität – die einfache wissenschaftliche Demonstration der Tatsache, dass der Stärkere die grössere Überlebenschance habe.
Fräulein Julie gilt heute als ein Meisterwerk und absoluter Theaterklassiker; August Strindberg hat damit die Entwicklung des modernen Dramas entscheidend mitbeeinflusst.
Begleitend zu dieser Inszenierung werden zehn Künstler aus dem norddeutschen Raum in einer Ausstellung Arbeiten unter dem Titel Mittsommernacht im Eulenturm des Schlosses präsentieren.
Diese Ausstellung ist eine Begleitveranstaltung zu den Inszenierungen des August-Strindberg-Stückes “Fräulein Julie” durch das Theaters Orlando im Gobelinsaal des Schlosses. Die Künstler haben sich in ihren Arbeiten mit der komplexen Problematik von der Anziehung der Leiber und der Fremdheit der Seelen, von Macht und Gier, Verletzlichkeit und Hochmut auseinandergesetzt. Zudem sind die Künstler in eine Art künstlerischen Dialog mit Strindberg getreten, um es mit der suggestiven Kraft seiner Werke aufzunehmen.
Die Ausstellung Mittsommernacht und die Inszenierung Fräulein Julie werden in den intimen Räumen des Schlosses zu Jever zu einem ganz besonderen kulturellen Erlebnis in der nördlichen Küstenregion.
Solange es zwei Geschlechter gibt, wird es immer brennen.
(August Strindberg)
Der Schauspieler kann von allen Künsten lernen, denn das Theater nimmt von allen Künsten. Er muss immer ein Bild bieten, das heisst die Augen des Publikums erfreuen und in sich gesammelt sein wie eine Plastik. Auch das Ohr muss er erfrischen und anregen (und verbessern) durch gute Klänge der Stimme, einschliesslich die neuen. Er muss erzählen können und Genuss verschaffen an der menschlichen Natur, einschliesslich ihrer Widersprüche.
(Bertold Brecht)
Die Idee des Theaters Orlando, das Thema im Anschluss an eine eigene (sehr erfolgreiche) Inszenierung noch einmal mit dem Vokabular der bildenden Kunst bearbeiten zu lassen und damit einen besonderen Dialog mit Strindberg in Gang zu setzen, bedeutete ein Wagnis.
Galt es dabei doch auch, der suggestiven Kraft des Strindbergschen Werkes standzuhalten. Zehn Künstlerinnen und Künstler – mehrheitlich aus der Region – haben sich darauf eingelassen. Sie kommen aus unterschiedlichen Zusammenhängen, bilden keine homogene Gruppe. Verbindend ist nur die Zugehörigkeit zum Experiment.
Jede(r) von ihnen hat auf sehr subjektive Weise, mit den eigenen künstlerischen Mitteln versucht, das komplexe Bühnengeschehen zu illustrieren, zu deuten oder ins Allgemeine weisende Interpretationsaspekte anzubieten. Die insgesamt 30 Arbeiten – Malerei, Grafik, Fotografie und Plastik – zeigen unterschiedliche ästhetische Auffassungen und stilistische Positionen.
Inhaltlich reicht ihre Bandbreite von expressiver Parteilichkeit für Julie als Verkörperung eines typisch weiblichen Schicksals bis zur eher distanzierten Bearbeitung des überzeitlich gültigen Themas der Paarbeziehung, von tiefenpsychologisch orientiertem Blick bis zum gefühlsmässigen Einstimmen in die magisch-irrationale Welt der Mittsommernacht (…) (Irmtraud Rippel-Manss)