Fromme Friesen – Mittelalterliche Kirchengeschichte Frieslands

02. August bis 31. Oktober 1997 (Verlängert bis zum 15. Januar 1998)

Die Christianisierung ging im friesischen Raum im Vergleich zum Beispiel zur westfälischen Region schleppend voran. Kriege und die Normanneneinfälle haben einen kontinuierlichen Aufbau der Kirchenorganisation erschwert.

Erst im 12. und 13. Jahrhundert setzte hier ein Wandel ein und es entstand ein dichtes Netz von stattlichen Kirchen, die noch heute das landschaftliche Bild Frieslands prägen. Ausdruck der spätmittelalterlichen Frömmigkeit war die reiche Ausstattung der Kirchen mit kostbaren Altären und Heiligenfiguren.

Teile der archäologischen Sammlung, mittelalterliche Steinsarkophage, Taufbecken, Architekturteile sowie eine Reihe bedeutender Sakralplastiken aus dem Bestand des Schlossmuseums bilden die Grundlage dieser Ausstellung.

Mittelalterliche Holzplastik im norddeutschen Küstenraum

Gekrönte Heilige mit Buch. Funnix, 1. Hälfte 13. Jh. Eichenholz, H. 74,5 cm
Gekrönte Heilige mit Buch
Funnix, 1. Hälfte 13. Jh. Eichenholz, H. 74,5 cm.

Die auf einem Sockel aufrecht stehende Figur hält in der Linken ein Buch, das Attribut der rechten Hand ist verloren. Eine nähere Bestimmung der Heiligen ohne Kenntnis des zweiten Attributs ist nicht eindeutig festzulegen. Die bis auf den Sockel reichenden Spuren des verlorenen Gegenstandes lassen jedoch auf ein Schwert oder einen Kreuzstab schliessen, wodurch die Heiligen Lucia, Katharina und Margareta für die Dargestellte in Frage kommen. Aufgrund der Häufigkeit von Darstellungen der heiligen Katharina in der Plastik und Malerei Norddeutschlands im Mittelalter mag diese Zuordnung die wahrscheinlichste sein.

Gekrönte Heilige. Funnix, Ende 14. Jh. Eichenholz, H. 68,5 cm
Gekrönte Heilige
Funnix, Ende 14. Jh. Eichenholz, H. 68,5 cm.

Die stehend dargestellte Heilige wird von einer s-förmig gebogenen Körperhaltung bestimmt, die sie wie die Behandlung der Gewandfalten als dem Weichen Stil zugehörig erscheinen lässt. Trotz der schweren Stofflichkeit des Gewandes bleibt der Körper erkennbar.

Die Fassung scheint im 17. Jahrhundert erneuert worden zu sein, so dass Spuren der ersten Fassung nicht mehr vorhanden sind. Da die Figur durch das Fehlen des linken Arms und der rechten Hand sämtliche Attribute verloren hat, ist eine genauere Bestimmung nicht mehr möglich. Die in einer Bohrung im Kopf aufgefundenen Knochensplitter mit einem Pergamentstreifen sind als Reliquie des heiligen Martin identifiziert worden, die älter ist als die Figur und daher nicht zur genauen Identifizierung der Heiligen beiträgt. Aufgrund der stilistischen Merkmale ist eine Datierung in die Zeit zwischen 1380 und 1400 naheliegend, eine Verbindung zum rheinisch- westfälischen Kunstkreis ist zu vermuten.

Heilige Barbara. Sillenstede, um 1500. Eichenholz, H. 99 cm
Heilige Barbara
Sillenstede, um 1500. Eichenholz, H. 99 cm.

Die stehende Figur der Heiligen ist mit Gewand und Mantel bekleidet, die genau gearbeiteten Haarlocken zeigen deutliche Tendenzen eines zunehmenden Realismus in der Darstellungsweise. Hinter der Figur ist als Attribut ihres Martyriums der Turm dargestellt, wodurch die Benennung der Heiligen als Barbara trotz des fehlenden zweiten Attributs in der linken Hand möglich ist.

Von den originalen Farbresten ist nur noch sehr wenig erhalten, es erschöpft sich in Rückständen des Kreidegrunds und einzelnen Farbpartikeln im Bereich von Gesicht und Hals. Die Plastik ist im oberen Teil diagonal gespalten, auf dem Kopf fehlt die Krone. Der Faltenwurf und die Behandlung von Gesicht und Haaren lassen eine zeitliche Zuordnung in das Ende des 15. Jahrhunderts bzw. um 1500 am wahrscheinlichsten erscheinen. Eine Verbindung zu Werkstätten in Bremen oder im niedersächsischen Raum kann allenfalls vermutet werden.

Marienklage. Funnix, um 1520. Eichenholz, H. 79 cm
Marienklage
Funnix, um 1520. Eichenholz, H. 79 cm.

Maria wird stehend an einen Felsen gelehnt dargestellt, die lokale Identifizierung mit Golgatha wird durch den Totenschädel am Sockel verdeutlicht. Maria hält den Leichnam Christi fast senkrecht, so dass eine äusserst labile Grundposition vorgegeben wird. Es handelt sich hierbei um den Versuch einer Umsetzung der seelischen Konstellation der Maria über den Ausdruck der Körperhaltung, eine Sichtweise, die erst nach der Überwindung scholastischer Dogmen und Einführung entschieden realistischer Prinzipien möglich wurde.

Die Gruppe zeigt einige Abstossungsstellen und verschiedene Reste der ursprünglichen Fassung. Vergleiche mit einer Marienklage des Meisters von Osnabrück im Landesmuseum in Münster lassen wegen der Übereinstimmung im Faltenwurf und vielen Einzelheiten der plastischen Ausbildung eine Zuordnung zu diesem Meister oder seinem direkten Umkreis sicher erscheinen. Der sogenannte Meister von Osnabrück ist vermutlich ein westfälischer Bildschnitzer, dessen Name bisher nicht ermittelt werden konnte, der jedoch im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts in Osnabrück zahlreiche qualitätsvolle Bildwerke geschaffen hat. Eine Datierung der Marienklage aus Funnix in die Zeit um 1520 ist daher naheliegend.